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Voraussetzungen der arglistigen Täuschung bei Immobilienverkäufen

Voraussetzungen der arglistigen Täuschung bei Immobilienverkäufen

Die arglistige Täuschung ist ein zentraler Begriff im Vertragsrecht, insbesondere im Zusammenhang mit Immobilienkäufen. Im Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz vom 27. September 2018 (Az. 5 U 363/17) wird klar herausgearbeitet, welche Voraussetzungen für die Annahme von Arglist vorliegen müssen. Diese Entscheidung verdeutlicht, dass die Anforderungen an die Begründung einer Arglist hoch sind und eine grob fahrlässige Unkenntnis des Verkäufers nicht ausreicht.

1. Eventualvorsatz als Mindestanforderung

Das OLG Koblenz stellte klar, dass für den subjektiven Tatbestand der Arglist zumindest Eventualvorsatz erforderlich ist. Das bedeutet, dass der Verkäufer den Mangel entweder kennt oder zumindest ernsthaft für möglich hält und trotzdem in Kauf nimmt, dass der Käufer davon keine Kenntnis erlangt. Leichtfertigkeit oder grobe Fahrlässigkeit reichen nicht aus, um den Tatbestand der Arglist zu erfüllen.

Im konkreten Fall des Verkaufs eines Einfamilienhauses, das die Verkäufer selbst errichtet und zehn Jahre bewohnt hatten, wurde der Sockel des Gebäudes als nachgebessert dargestellt, was sich später als falsch herausstellte. Die Käufer entdeckten nach dem Kauf erhebliche Mängel an der Abdichtung, die mit Reparaturkosten in Höhe von etwa 14.000 Euro verbunden waren. Sie forderten Schadensersatz, weil sie sich arglistig getäuscht fühlten.

2. Arglistiges Verschweigen

Ein arglistiges Verschweigen liegt dann vor, wenn der Verkäufer einen Mangel kennt oder zumindest dessen Möglichkeit annimmt und gleichzeitig billigend in Kauf nimmt, dass der Käufer darüber im Unwissen bleibt. Dieser Mangel muss so gravierend sein, dass der Käufer bei Kenntnis entweder den Kaufvertrag nicht oder zu anderen Bedingungen abgeschlossen hätte.

Im Urteil wurde jedoch klargestellt, dass es nicht ausreicht, wenn dem Verkäufer die aufklärungspflichtigen Tatsachen hätten auffallen müssen. Dies würde die Arglist vom Vorsatz entkoppeln und durch eine Form der Fahrlässigkeit ersetzen, was der rechtlichen Definition nicht gerecht wird. Auch ein bewusstes Verschließen vor den Tatsachen genügt nicht, um Arglist zu begründen.

3. Erforderliche Kenntnis des Verkäufers

Für die Annahme von Arglist muss ein Gericht feststellen, dass der Verkäufer tatsächlich Kenntnis von dem Mangel hatte. Diese Feststellung kann nicht durch bloße subjektive Wertungen ersetzt werden. Im Fall des OLG Koblenz konnte den Verkäufern nicht nachgewiesen werden, dass sie Kenntnis von der mangelhaften Abdichtung des Hauses hatten. Der Sachverständige stellte fest, dass der Mangel bereits bei der Errichtung des Gebäudes bestand, aber es konnte nicht bewiesen werden, dass die Verkäufer von diesem Mangel wussten oder ihn billigend in Kauf nahmen.

4. Praxishinweis: Bedeutung der Beweisführung

Das Urteil des OLG Koblenz verdeutlicht, wie wichtig eine sorgfältige Beweisführung in Fällen der arglistigen Täuschung ist. Es reicht nicht aus, dass falsche Informationen gegeben wurden. Entscheidend ist, dass der Verkäufer diese Unrichtigkeit kennt oder sie bewusst in Kauf nimmt. In der Praxis bedeutet dies, dass sowohl die Ermittlung der tatsächlichen Kenntnis des Verkäufers als auch die genaue Protokollierung von Zeugenaussagen in der ersten Instanz von zentraler Bedeutung sind.

Auch wenn ein Gericht einen Zusammenhang zwischen der Täuschung und dem Kaufentschluss annimmt, ist dieser Zusammenhang aus rechtlicher Sicht oft schwierig nachzuweisen. Eine gründliche Dokumentation und Befragung in der ersten Instanz ist daher unerlässlich, um Ansprüche wegen arglistiger Täuschung erfolgreich durchzusetzen.

Fazit

Das Urteil des OLG Koblenz zeigt, dass die Anforderungen an den Nachweis einer arglistigen Täuschung hoch sind. Eventualvorsatz ist das Mindestmaß für den subjektiven Tatbestand, und grobe Fahrlässigkeit allein genügt nicht. Es bedarf konkreter Nachweise über die Kenntnis des Verkäufers, um Arglist zu begründen. Falsche Informationen oder irreführende Aussagen müssen daher stets im Lichte dieser strengen Anforderungen bewertet werden.

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