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Zusicherungen
Lesezeit: 7 Minuten

Verkäufer versichert keine Mängel - Was gilt?

Der Verkäufer hat behauptet, die Immobilie sei in einwandfreiem Zustand? Erfahren Sie, welche rechtliche Bedeutung solche Zusicherungen haben und wann Sie trotz Gewährleistungsausschluss Ansprüche haben.

„Das Haus hat keine Feuchtigkeitsschäden" – „Das Dach wurde vor drei Jahren komplett erneuert" – „Die Elektrik ist auf dem neuesten Stand": Solche Aussagen des Verkäufers sind nicht nur Verkaufsrhetorik. Sie können rechtlich bindende Zusicherungen sein, die den Gewährleistungsausschluss im Kaufvertrag aushebeln.

Was ist eine Beschaffenheitsvereinbarung?

Eine Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 BGB ist eine verbindliche Abrede zwischen Käufer und Verkäufer über bestimmte Eigenschaften der Kaufsache. Weicht die tatsächliche Beschaffenheit von der vereinbarten ab, liegt ein Sachmangel vor – unabhängig davon, ob ein Gewährleistungsausschluss vereinbart wurde.

Unterschied zur bloßen Beschreibung

Nicht jede Aussage des Verkäufers ist automatisch eine Beschaffenheitsvereinbarung. Es kommt darauf an, ob die Parteien die Eigenschaft zum Vertragsinhalt machen wollten:

Beschaffenheitsvereinbarung

  • „Das Dach wurde 2020 komplett erneuert"
  • „Die Wohnfläche beträgt 150 m²"
  • „Es gibt keine Feuchtigkeitsschäden"
  • „Die Heizung ist von 2018"

Bloße Beschreibung

  • „Schönes Haus in ruhiger Lage"
  • „Gepflegter Zustand"
  • „Ideal für Familien"
  • Anpreisungen ohne konkrete Fakten

Formen von Zusicherungen

1. Im Kaufvertrag

Am sichersten sind Zusicherungen, die im notariellen Kaufvertrag festgehalten werden. Typische Formulierungen:

  • „Der Verkäufer versichert, dass ihm keine Mängel am Dach bekannt sind"
  • „Das Gebäude ist frei von Schimmelbefall"
  • „Die Wohnfläche beträgt laut Berechnung 145 m²"

2. Im Exposé

Auch Angaben im Makler-Exposé können als Beschaffenheitsvereinbarung gelten, wenn sie konkrete Eigenschaften beschreiben und der Verkäufer sie sich zu eigen macht.

3. Mündlich bei der Besichtigung

Mündliche Zusicherungen sind grundsätzlich wirksam, aber schwer zu beweisen. Daher sollten Sie wichtige Aussagen immer schriftlich festhalten lassen.

4. Per E-Mail oder Nachricht

Schriftliche Kommunikation vor Vertragsschluss kann als Nachweis für Zusicherungen dienen – bewahren Sie alle Korrespondenz auf.

Praxis-Tipp:

Bitten Sie vor dem Kauf um eine schriftliche Bestätigung wichtiger Aussagen des Verkäufers. Eine E-Mail mit „Sie haben bei der Besichtigung gesagt, dass..." und die Bestätigung des Verkäufers kann im Streitfall entscheidend sein.

Rechtsfolgen falscher Zusicherungen

Entspricht die Immobilie nicht der zugesicherten Beschaffenheit, liegt ein Sachmangel vor. Der Gewährleistungsausschluss im Kaufvertrag greift dann nicht.

Ihre Ansprüche:

  1. Nacherfüllung: Der Verkäufer muss den Mangel beseitigen (bei Immobilien selten praktikabel)
  2. Kaufpreisminderung: Der Kaufpreis wird um den Minderwert reduziert
  3. Rücktritt: Bei erheblichen Mängeln können Sie vom Kaufvertrag zurücktreten
  4. Schadensersatz: Ersatz der durch den Mangel verursachten Kosten

Vorteil gegenüber Arglist

Bei falschen Beschaffenheitsvereinbarungen müssen Sie nicht beweisen, dass der Verkäufer vorsätzlich gelogen hat. Es genügt, dass die zugesicherte Eigenschaft nicht vorliegt. Der Verkäufer haftet auch bei fahrlässig falschen Angaben.

Beweisführung

Um Ihre Ansprüche durchzusetzen, müssen Sie nachweisen:

  1. Dass eine Beschaffenheitsvereinbarung getroffen wurde
  2. Dass die tatsächliche Beschaffenheit abweicht

Beweismittel:

  • Kaufvertrag: Dort aufgenommene Zusicherungen sind am einfachsten nachzuweisen
  • Exposé: Aufbewahren und als Vertragsbestandteil vereinbaren
  • E-Mails und Nachrichten: Schriftverkehr mit Verkäufer oder Makler
  • Zeugen: Personen, die bei Besichtigungen dabei waren
  • Protokolle: Eigene Aufzeichnungen von Besichtigungen
  • Sachverständigengutachten: Nachweis des abweichenden Zustands

Praxisbeispiele

Fall 1: Wohnflächenangabe

Sachverhalt:

Im Exposé und Kaufvertrag wurde die Wohnfläche mit 150 m² angegeben. Nach dem Kauf stellte der Käufer fest, dass die tatsächliche Wohnfläche nur 128 m² beträgt.

Entscheidung:

Der BGH entschied: Eine Flächenabweichung von mehr als 10% begründet einen Sachmangel und rechtfertigt eine Kaufpreisminderung (BGH, Az. V ZR 144/03).

Fall 2: Zusicherung 'keine Feuchtigkeitsschäden'

Sachverhalt:

Der Verkäufer versicherte auf Nachfrage, das Haus sei 'trocken und ohne Feuchtigkeitsschäden'. Nach Einzug entdeckte der Käufer erheblichen Schimmelbefall im Keller.

Entscheidung:

Das OLG Hamm gab dem Käufer Recht: Die Zusicherung galt als Beschaffenheitsvereinbarung. Der Käufer erhielt Schadensersatz für die Sanierungskosten (OLG Hamm, Az. 22 U 161/11).

Fall 3: Renovierungsangaben

Sachverhalt:

Im Exposé stand 'Dach 2015 komplett saniert'. Tatsächlich wurden nur Teilbereiche ausgebessert, der Rest war über 30 Jahre alt und undicht.

Entscheidung:

Das Gericht sah eine falsche Beschaffenheitsvereinbarung und sprach dem Käufer die Kosten für die vollständige Dachsanierung zu.

Weiterführende Themen

Häufige Fragen zu Verkäufer-Zusicherungen

Was ist eine Beschaffenheitsvereinbarung beim Hauskauf?

Eine Beschaffenheitsvereinbarung ist eine verbindliche Zusicherung des Verkäufers über bestimmte Eigenschaften der Immobilie. Beispiel: 'Das Dach wurde 2020 vollständig erneuert.' Stimmt die Aussage nicht, liegt unabhängig vom Gewährleistungsausschluss ein Mangel vor.

Muss die Zusicherung schriftlich im Kaufvertrag stehen?

Für eine verbindliche Beschaffenheitsvereinbarung empfiehlt sich die Aufnahme in den notariellen Kaufvertrag. Jedoch können auch mündliche Zusicherungen oder Angaben im Exposé rechtlich bindend sein - diese sind nur schwerer zu beweisen.

Was ist der Unterschied zwischen Zusicherung und Arglist?

Bei einer falschen Zusicherung haftet der Verkäufer unabhängig davon, ob er den wahren Sachverhalt kannte. Bei Arglist muss nachgewiesen werden, dass der Verkäufer den Mangel kannte und bewusst verschwieg. Beide Fälle durchbrechen den Gewährleistungsausschluss.

Welche Zusicherungen sind typisch beim Immobilienkauf?

Typische Zusicherungen betreffen: Baujahr und Renovierungen, Zustand von Dach und Fassade, keine bekannten Feuchtigkeitsschäden, funktionierende Heizung, keine Schädlinge, korrekte Wohnflächenangabe sowie Angaben zur Energieeffizienz.

Wie beweise ich eine mündliche Zusicherung?

Mündliche Zusicherungen können durch Zeugen (z.B. bei Besichtigung), E-Mail-Verkehr, Exposé-Texte des Maklers, Übergabeprotokolle oder Notizen bewiesen werden. Deshalb: Wichtige Aussagen immer schriftlich bestätigen lassen.

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