voss.legal Logovoss.legal

Zurück zur Übersicht

VGLUENE - 1 B 43/06 vom 2008-12-10

VGLUENE
1 B 43/06
Auf OpenLegalData ansehen

In der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Lüneburg vom 10. Dezember 2008 (Az. 1 B 43/06) ging es um die Anerkennung eines vietnamesischen Asylbewerbers als Flüchtling. Das Gericht hob den Bescheid der Beklagten auf, der den Asylantrag des Klägers abgelehnt hatte, und stellte fest, dass die Voraussetzungen für die Flüchtlingsanerkennung gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG erfüllt sind. Die Entscheidung hat rechtliche Bedeutung, da sie die Anwendung der Qualifikationsrichtlinie 2004/83/EG und die Notwendigkeit einer individuellen Prüfung von Asylanträgen in Fällen von exilpolitischen Aktivitäten unterstreicht, insbesondere in Anbetracht der sich verschärfenden Verhältnisse in Vietnam.

Diese Zusammenfassung dient ausschließlich der ersten Orientierung und stellt keine Rechtsberatung dar.

Kernpunkte der Entscheidung

  • 1"Die Beklagte wird verpflichtet, den Kläger als Flüchtling anzuerkennen und die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG festzustellen.
  • 2"Die Klage des Klägers wurde teilweise abgewiesen, da die Anerkennung als Asylberechtigter nicht gegeben ist.
  • 3"Die Entscheidung basiert auf der Feststellung, dass sich die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse in Vietnam verschärft haben, was eine Bedrohung für den Kläger darstellt.

Rechtliche Bedeutung

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Lüneburg stellt einen bedeutenden Schritt in der Anwendung des Asylrechts dar, insbesondere im Hinblick auf die Berücksichtigung der Qualifikationsrichtlinie 2004/83/EG und der Genfer Flüchtlingskonvention. Die Entscheidung ist relevant für Fälle, in denen Asylsuchende aufgrund exilpolitischer Aktivitäten oder veränderter Verhältnisse in ihrem Herkunftsland einen Folgeantrag stellen, da sie die Notwendigkeit einer individuellen Prüfung und die Berücksichtigung neuer rechtlicher Rahmenbedingungen betont. Praktisch führt das Urteil dazu, dass die Behörden verpflichtet sind, die Asylanträge unter Berücksichtigung der aktuellen Menschenrechtslage im Herkunftsland und der individuellen Umstände der Antragsteller umfassend zu prüfen, was potenziell zu einer erhöhten Anerkennungsquote für Flüchtlinge führen kann.

Hinweis: Diese rechtliche Einschätzung dient nur zu Informationszwecken. Sie ersetzt keine professionelle Rechtsberatung. Für konkrete rechtliche Fragen wenden Sie sich bitte an einen qualifizierten Rechtsanwalt. Die Interpretation von Gerichtsentscheidungen kann je nach Einzelfall variieren.

Entscheidungsgründe

Tenor

Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Bescheides vom 22. August 2006 verpflichtet, den Kläger als Flüchtling anzuerkennen, also festzustellen, dass für ihn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG erfüllt sind.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben. Die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens haben die Klägerin und die Beklagte je zur Hälfte zu tragen. Insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenfestsetzungsbetrages abwenden, sofern nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

  1. Der Kläger strebt die Anerkennung als Flüchtling an, was die Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 AufenthG in Verbindung mit der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) und der Qualifikationsrichtlinie 2004/83/EG umfasst.

  2. Der 1979 geborene Kläger vietnamesischer Staatsangehörigkeit kam im April 2000 nach Deutschland und stellte einen Asylantrag, der nach der Anhörung am 18. April 2000 durch Bescheid des Bundesamtes vom 28. April 2000 als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde. Es wurde festgestellt, dass keine Abschiebungsverbote oder -hindernisse gemäß §§ 51 und 53 AuslG vorliegen.

  3. Im Juli 2006 stellte er einen Asylfolgeantrag, der auf einer Änderung der Rechtslage (Richtlinie 2004/83/EG und Zuwanderungsgesetz vom 30.7.2004) sowie auf den politischen Verhältnissen in Vietnam basierte. Der Kläger verwies auf ein hohes Verfolgungsrisiko in Vietnam, einschließlich menschenrechtswidriger Folterungen gegen Oppositionelle.

  4. Der Antrag wurde ohne Anhörung des Klägers durch Bescheid vom 22. August 2006 abgelehnt. Die Beklagte begründete dies mit der Nichterfüllung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1-3 VwVfG und der §§ 60 Abs. 1 AufenthG, 28 Abs. 2 AsylVfG.

  5. Am 6. September 2006 beantragte der Kläger vorläufigen Rechtsschutz, der ihm gewährt wurde.

  6. In seiner Klage vertiefte der Kläger seine Argumente und verwies auf die Verschärfung der Verhältnisse in Vietnam sowie auf die Unterdrückung kritischer Meinungen.

  7. Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verpflichten, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen.

  8. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen und bezieht sich auf ihren Bescheid vom 22. August 2006.

Entscheidungsgründe

  1. Die zulässige Klage ist begründet, soweit es um die Anerkennung als Flüchtling geht. Die Klage ist abzuweisen, soweit der Kläger die Anerkennung als Asylberechtigter anstrebt.

  2. Der Kläger ist aus Vietnam unverfolgt ausgereist und hat sich dort nicht politisch betätigt. Daher fehlt es an der notwendigen Kausalität zwischen Flucht und Verfolgung gemäß § 28 Abs. 1 AsylVfG.

  3. Der Kläger ist jedoch als Flüchtling anzuerkennen gemäß § 3 AsylVfG in Verbindung mit Art. 13 der Richtlinie 2004/83/EG. Dies führt zur Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG in Verbindung mit Art. 33 GFK.

  4. Die Prüfung im Folge- und Wiederaufgreifensverfahren hat in Stufen zu erfolgen. Der Kläger hat substantiiert dargelegt, dass er aktives Mitglied eines Vereins ist, der sich für die Rechte vietnamesischer Flüchtlinge einsetzt.

  5. Die Beklagte hat den Folgeantrag des Klägers zu Unrecht abgelehnt, da eine nachträgliche Änderung der Sach- oder Rechtslage vorliegt.

  6. Die rechtlichen Grundbedingungen für den Antrag des Klägers haben sich durch das Zuwanderungsgesetz und die Qualifikationsrichtlinie verändert.

  7. Eine individuelle Prüfung ist erforderlich, da die Beklagte den Vortrag des Klägers nicht ausreichend berücksichtigt hat.

  8. Der Kläger hat dargelegt, dass sich die Verhältnisse in Vietnam verschärft haben und dass er aufgrund seiner politischen Aktivitäten bei einer Rückkehr verfolgt werden könnte.

  9. Die Beklagte hat die rechtlichen Vorgaben der Qualifikationsrichtlinie nicht beachtet, was zu einem Verfahrensmangel führt.

  10. Der Kläger hat substantiiert dargelegt, dass ihm bei einer Rückkehr nach Vietnam Verfolgung droht, was die Anerkennung als Flüchtling rechtfertigt.

Schlussfolgerung

Die Klage ist daher in Bezug auf die Anerkennung als Flüchtling begründet. Die Beklagte wird verpflichtet, den Kläger als Flüchtling anzuerkennen und die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG festzustellen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 155 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 83 b AsylVfG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11, 711 ZPO. Gründe für eine Zulassung der Berufung liegen nicht vor.

Die hier wiedergegebenen Entscheidungen stammen aus öffentlich zugänglichen Quellen. Eine Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit kann nicht übernommen werden.

Bewerten Sie diese Entscheidung

Noch keine Bewertungen
War diese Entscheidung hilfreich für Ihre Recherche?

Problem melden

Haben Sie einen Fehler gefunden oder fehlen wichtige Informationen? Lassen Sie es uns wissen, damit wir die Qualität unserer Datenbank verbessern können.

Ähnliche Entscheidungen

Die folgenden Entscheidungen wurden automatisch auf Basis ähnlicher Themen vorgeschlagen.

Weiterführende Artikel

Diese Artikel könnten Sie im Zusammenhang mit dieser Entscheidung interessieren. Bitte beachten Sie, dass jeder Rechtsfall individuell zu bewerten ist.

Rechtlicher Hinweis

Die auf dieser Seite bereitgestellten Informationen zu Gerichtsentscheidungen dienen ausschließlich allgemeinen Informationszwecken. Sie stellen weder eine Rechtsberatung dar noch ersetzen sie eine solche.

Für eine verbindliche rechtliche Einschätzung Ihrer individuellen Situation empfehlen wir Ihnen, sich an einen qualifizierten Rechtsanwalt zu wenden. Jeder Fall ist einzigartig und bedarf einer individuellen Prüfung.