voss.legal Logovoss.legal

Zurück zur Übersicht

BGH Entscheidung vom 2017-03-16

BGH
Unbekannt
Auf OpenLegalData ansehen

In der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) ging es um die Anfechtung eines Kaufvertrags über ein Grundstück aufgrund arglistiger Täuschung über Mängel am Verandadach. Der BGH hob das Urteil des Berufungsgerichts auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung zurück, da das Berufungsgericht das rechtliche Gehör der Beklagten verletzt hatte, indem es deren Antrag auf mündliche Anhörung der Sachverständigen nicht berücksichtigte. Diese Entscheidung hat rechtliche Bedeutung, da sie die Notwendigkeit unterstreicht, dass alle Beweisanträge der Parteien im Prozess berücksichtigt werden müssen, um eine faire und gerechte Entscheidung zu gewährleisten.

Diese Zusammenfassung dient ausschließlich der ersten Orientierung und stellt keine Rechtsberatung dar.

Kernpunkte der Entscheidung

  • 1"Das Urteil des Kammergerichts wurde aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  • 2"Die Klägerinnen hatten den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung über Mängel am Verandadach angefochten.
  • 3"Das Berufungsgericht verletzte das rechtliche Gehör der Beklagten, indem es die mündliche Anhörung der Sachverständigen ablehnte.

Rechtliche Bedeutung

Die Entscheidung des BGH bezieht sich auf die Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG, da das Berufungsgericht die mündliche Anhörung der Sachverständigen abgelehnt hat, obwohl dies beantragt wurde. Diese Entscheidung ist insbesondere relevant für Fälle, in denen es um die Anfechtung von Kaufverträgen aufgrund arglistiger Täuschung geht, insbesondere im Immobilienrecht, wo Mängel an der Kaufsache verschwiegen werden. Praktisch führt die Entscheidung dazu, dass in zukünftigen Verfahren die Gerichte verpflichtet sind, Beweisanträge der Parteien ernsthaft zu prüfen und gegebenenfalls mündliche Anhörungen durchzuführen, um eine faire und umfassende Tatsachenwürdigung sicherzustellen.

Hinweis: Diese rechtliche Einschätzung dient nur zu Informationszwecken. Sie ersetzt keine professionelle Rechtsberatung. Für konkrete rechtliche Fragen wenden Sie sich bitte an einen qualifizierten Rechtsanwalt. Die Interpretation von Gerichtsentscheidungen kann je nach Einzelfall variieren.

Entscheidungsgründe

Tenor

  1. Aufhebung des Urteils
    Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wird das Urteil des 26. Zivilsenats des Kammergerichts vom 27. Juni 2016 aufgehoben.

  2. Zurückverweisung
    Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

  3. Gegenstandswert
    Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 220.000 €.

I. Sachverhalt

  1. Kaufvertrag
    Mit notariellem Vertrag vom 7. Juli 2008 kauften die Klägerin zu 1 und ihr Ehemann von der Beklagten ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück zu einem Preis von 220.000 €. Das Haus verfügt über einen überdachten und umbauten Vorraum (sog. Veranda). Die Haftung wegen Sachmängeln wurde ausgeschlossen. Der Kaufvertrag wurde vollzogen und die Käufer als Eigentümer im Grundbuch eingetragen.

  2. Anfechtung des Kaufvertrages
    Mit Schreiben vom 9. Januar 2009 erklärten die Klägerin zu 1 und ihr Ehemann die Anfechtung des Kaufvertrages, da ihnen erhebliche Mängel - u. a. an der Veranda - verschwiegen worden seien. In der Folgezeit leiteten sie ein selbstständiges Beweisverfahren ein. 2010 verstarb der Ehemann der Klägerin zu 1, der durch diese und die minderjährige Tochter, die Klägerin zu 2, beerbt wurde.

  3. Klage und Berufungsverfahren
    Die Klägerinnen verlangen die Rückabwicklung des Kaufvertrages. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Kammergericht hat ihr stattgegeben und die Revision nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beklagten, die im Rahmen eines Revisionsverfahrens die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erreichen will.

II. Entscheidung des Berufungsgerichts

Das Berufungsgericht ist der Auffassung, dass der Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung wirksam angefochten wurde. Nach den im selbstständigen Beweisverfahren getroffenen Feststellungen war das Verandadach bei Vertragsschluss und Gefahrübergang jedenfalls undicht.

„Der Sachverständige K. stellte bereits bei dem ersten Ortstermin sichtbare Wasserlaufspuren fest, die zu Verfärbungen der Tapete an den Wänden der Veranda führten.“

Feststellungen des Sachverständigen

  • Erster Ortstermin: Sichtbare Wasserlaufspuren und Verfärbungen an der Tapete.
  • Zweiter Ortstermin:
    • Öffnung von 3 qm der Verandadecke.
    • Feststellung von Undichtigkeit durch den Sachverständigen V.
    • Mängel am Dach, u. a. eine zu geringe Neigung.

Das Berufungsgericht kam zu dem Schluss, dass die Ursache für den Wasserschaden bereits vor Kaufvertragsschluss vorlag.

III. Aufhebung des Urteils

  1. Verletzung des rechtlichen Gehörs
    Das angefochtene Urteil ist nach § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben, da das Berufungsgericht den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.

  2. Pflicht zur Berücksichtigung der Beweisanträge
    a) Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Dies schließt die Berücksichtigung erheblicher Beweisanträge ein, wie z. B. den Antrag auf mündliche Anhörung des gerichtlichen Sachverständigen.

    b) Das Berufungsgericht hat die im selbständigen Beweisverfahren bestellten Sachverständigen K. und V. nicht mündlich angehört, obwohl die Beklagte dies beantragt hat.

  3. Entscheidungsrelevanz des Verstoßes
    Der Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG ist entscheidungserheblich. Eine arglistige Täuschung der Käufer durch die Beklagte über die Undichtigkeit des Verandadachs lässt sich ohne mündliche Anhörung der Sachverständigen K. und V. nicht feststellen.

Aufklärungsbedarf

  • Sanierungsarbeiten: Hatte der Verkäufer mit der umfassenden Beseitigung eines Mangels ein Fachunternehmen beauftragt, muss er sich nicht Kenntnis vom Erfolg der Sanierungsbemühungen verschaffen, es sei denn, er kannte konkrete Umstände, die den Verdacht begründeten, dass die Arbeiten keinen Erfolg hatten.

  • Wasserschaden: Der von den Sachverständigen festgestellte Wasserschaden könnte vor den Sanierungsarbeiten eingetreten sein. Die Widersprüche in den Aussagen der Sachverständigen müssen im Rahmen der Anhörung geklärt werden.

  1. Weitere Zulassungsgründe
    Die weiteren mit der Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemachten Zulassungsgründe greifen nicht durch. Von einer näheren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.

Richter: Schmidt-Räntsch, Brückner, Weinland, Kazele, Hamdorf

Die hier wiedergegebenen Entscheidungen stammen aus öffentlich zugänglichen Quellen. Eine Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit kann nicht übernommen werden.

Bewerten Sie diese Entscheidung

Noch keine Bewertungen
War diese Entscheidung hilfreich für Ihre Recherche?

Problem melden

Haben Sie einen Fehler gefunden oder fehlen wichtige Informationen? Lassen Sie es uns wissen, damit wir die Qualität unserer Datenbank verbessern können.

Ähnliche Entscheidungen

Die folgenden Entscheidungen wurden automatisch auf Basis ähnlicher Themen vorgeschlagen.

Weiterführende Artikel

Diese Artikel könnten Sie im Zusammenhang mit dieser Entscheidung interessieren. Bitte beachten Sie, dass jeder Rechtsfall individuell zu bewerten ist.

Rechtlicher Hinweis

Die auf dieser Seite bereitgestellten Informationen zu Gerichtsentscheidungen dienen ausschließlich allgemeinen Informationszwecken. Sie stellen weder eine Rechtsberatung dar noch ersetzen sie eine solche.

Für eine verbindliche rechtliche Einschätzung Ihrer individuellen Situation empfehlen wir Ihnen, sich an einen qualifizierten Rechtsanwalt zu wenden. Jeder Fall ist einzigartig und bedarf einer individuellen Prüfung.