OLGKARL - 2 vom 2003-03-03
In der Entscheidung des OLG Karlsruhe ging es um die Rückübertragung eines Grundstücksanteils von etwa 1.000 m², den der Kläger zuvor an die Beklagte verkauft hatte. Das Gericht wies die Berufung der Beklagten zurück und bestätigte, dass die Beklagte den Grundstücksanteil an den Kläger übertragen muss, ohne dass der Kläger die Kosten für die Entsorgung einer Teerdecke auf dem Grundstück tragen muss, da diese nicht als Altlast im Sinne des Vertrages galt. Die Entscheidung ist rechtlich bedeutsam, da sie die Auslegung von Vertragsklauseln zu Altlasten und die Kostentragungspflichten bei Grundstückstransaktionen präzisiert.
Diese Zusammenfassung dient ausschließlich der ersten Orientierung und stellt keine Rechtsberatung dar.
Kernpunkte der Entscheidung
- 1"Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Heidelberg wird zurückgewiesen, wobei die Beklagte verurteilt wird, einen Grundstücksanteil von ca. 1000 m² an den Kläger zu übertragen.
- 2"Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
- 3"Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, wobei die Beklagte die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden kann.
Rechtliche Bedeutung
Die Entscheidung des OLG Karlsruhe bezieht sich auf die Auslegung von vertraglichen Regelungen im Zusammenhang mit der Rückübertragung von Grundstücksanteilen und der Kostentragung für die Beseitigung von Altlasten. Der Rechtsgrundsatz der Auslegung von Verträgen gemäß §§ 133, 157 BGB wurde angewendet, um zu klären, ob die Teerdecke als Altlast im Sinne des Bundesbodenschutzgesetzes zu betrachten ist. Diese Entscheidung ist relevant für Fälle, in denen vertragliche Verpflichtungen zur Beseitigung von Altlasten strittig sind, insbesondere bei Grundstückstransaktionen, und hat praktische Auswirkungen auf die Kostentragungspflichten zwischen den Vertragsparteien, da sie die Bedeutung von vertraglichen Definitionen und die Auslegung von Altlasten im Kontext von Immobilienverkäufen klärt.
Hinweis: Diese rechtliche Einschätzung dient nur zu Informationszwecken. Sie ersetzt keine professionelle Rechtsberatung. Für konkrete rechtliche Fragen wenden Sie sich bitte an einen qualifizierten Rechtsanwalt. Die Interpretation von Gerichtsentscheidungen kann je nach Einzelfall variieren.
Tenor
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Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Heidelberg vom 08.03.2002 - 2 O 65/01 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte verurteilt wird, von dem Grundstück in S., eingetragen im Grundbuch von S., entsprechend dem Plan, der dem Urteil des Landgerichts Heidelberg vom 08.03.2002 angeheftet ist:
- Eine Fläche von ca. 1000 m² in Planfeld D (Mischgebiet), beginnend von der südwestlichen Grundstückskante (Unland), ehemals Gleiskörper, in südwestlicher Richtung (B 50) einmessen zu lassen und diesen neu eingemessenen Grundstücksanteil an den Kläger zu übertragen Zug um Zug gegen Zahlung eines Betrages in Höhe von 1.129,64 EUR.
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Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
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Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
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Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Sachverhalt
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Der Kläger verlangt aufgrund eines zwischen den Parteien geschlossenen notariellen Grundstückskaufvertrages die Rückübertragung eines Grundstücksanteils von ca. 1.000,00 m² in S., das zuvor im Rahmen dieses Vertrages vom Kläger, dem ursprünglichen Eigentümer, an die Beklagte übereignet worden war.
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Die Beklagte wendet sich dagegen, diesen Grundstücksanteil übertragen zu müssen, ohne dass der Kläger im Gegenzug die Kosten trägt, die der Beklagten im Zusammenhang mit der Entsorgung einer Teerdecke auf dem Grundstück entstanden sind.
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Auf die tatsächlichen Feststellungen des Urteils des Landgerichts Heidelberg vom 08.03.2002 wird Bezug genommen.
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Der Kläger hat beantragt:
- Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger eine Fläche von 1000 m² im Planfeld D (Mischgebiet), beginnend von der südwestlichen Grundstückskante (Unland), ehemals Gleiskörper, in südwestlicher Richtung (B 50) einmessen zulassen und zu übertragen.
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Die Beklagte hat beantragt:
- Die im Klageantrag bezeichnete Fläche zu übertragen, Zug um Zug gegen Zahlung eines Betrages in Höhe von DM 46.987,31.
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Das Landgericht hat die Beklagte nach Einholung eines schriftlichen und mündlichen Gutachtens und nach Vernehmung des Zeugen St. zur Einmessung von 1.000 m² an dem Grundstück und Übertragung des neu zu bildenden Grundstücksteils Zug um Zug gegen Zahlung eines Betrages in Höhe von 1.129,64 EUR verurteilt.
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Es war der Auffassung, dass der Kläger zwar die Vermessungs- und Löschungskosten in Höhe von insgesamt 1.129,64 EUR zu zahlen habe, nicht jedoch die Kosten, die im Zusammenhang mit der Entfernung einer Teerdecke (nebst Gutachterkosten), die auf dem Grundstück vorhanden war, entstanden seien. Gewährleistungsrechte seien ausgeschlossen; es handele sich auch nicht um Altlasten im Sinne des § 8 Abs. 3 des notariellen Vertrages, zu deren Beseitigung sich der Kläger verpflichtet habe.
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Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Sie ist - unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages - weiterhin der Auffassung, dass die Kosten, die im Zusammenhang mit der Entsorgung der Teerdecke entstanden sind, vom Kläger zu tragen sind, da es sich hierbei um Altlasten handle.
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Die Parteien hätten vertraglich vereinbart, dass der Kläger die Kosten für die Entsorgung sämtlicher Stoffe, die aufgrund umweltrechtlicher Vorschriften zu beseitigen gewesen seien, zu tragen habe und dass der Beklagten keine weiteren Kosten für das Herstellen eines bebauungsfähigen Zustandes des Grundstückes entstehen sollten.
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Die Beklagte beantragt:
- Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Heidelberg vom 08.03.2002, Az. 2 O 65/01, wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger von dem Grundstück in S., eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts S., entsprechend dem Plan, der dem Urteil des Landgerichts Heidelberg vom 08.03.2002 beigefügt ist - eine Fläche von ca. 1000 m² in Planfeld D (Mischgebiet), beginnend von der südwestlichen Grundstückskante (Unland), ehemals Gleiskörper, in südwestlicher Richtung (B 50) einmessen zu lassen und zu übertragen Zug um Zug gegen Zahlung eines weiteren Betrages i.H.v. 22.032,36 EUR. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
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Der Kläger beantragt:
- Zurückweisung der Berufung.
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Der Kläger wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und verteidigt das angefochtene Urteil.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
II. Entscheidung
- Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Mit zutreffenden Gründen, die durch das Berufungsvorbringen der Beklagten nicht entkräftet werden, hat das Landgericht der Klage im zugesprochenen Umfang stattgegeben.
A. Kostentragungspflicht
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Der Kläger hat die der Beklagten durch die Entsorgung der Teerdecke entstandenen Kosten nicht zu tragen. Eine Kostentragungspflicht ergibt sich weder aus den vertraglichen Vereinbarungen noch aus (umwelt-)gesetzlichen Vorschriften.
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Das Landgericht ging davon aus, dass es sich bei der Teerdecke nicht um eine Altlast im Sinne des § 8 Abs. 3 des Vertrages vom 29.7.1998 handelte.
- Der Begriff der Altlast wurde im Vertrag nicht ausdrücklich definiert.
- Grundsätzlich bedarf es einer Auslegung dann nicht, wenn die Vertragsparteien übereinstimmend einem bestimmten Begriff eine Bedeutung beigemessen haben.
- Die Beklagte beruft sich zwar darauf, dass unter "Altlast" jeder entsorgungspflichtige Stoff zu verstehen sei, was vom Kläger bestritten wird.
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Die Auffassung der Beklagten, dass der Kläger auch die Kosten für den entsorgungspflichtigen Abfall oder gar sämtliche Kosten für die Herstellung eines bebauungsfähigen Zustandes des Grundstückes zu tragen habe, kann den vertraglichen Regelungen nicht entnommen werden.
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Es ist der im BBodSchG (§ 2 Abs. 5) verwendete Altlastbegriff zugrunde zu legen.
- Mangels ausdrücklicher Regelung und Definition durch die Vertragsparteien war vom Gericht auf Grund der für das Vertragsrecht geltenden Auslegungsregeln die Bedeutung und der Inhalt des von den Parteien verwendeten Begriffs der Altlast festzustellen.
- Der Begriff "Altlast" wurde im allgemeinen Sprachgebrauch so verwendet, wie er im Bundesbodenschutzgesetz zum Ausdruck gebracht wurde.
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Nach der Definition des Bundesbodenschutzgesetzes handelt es sich bei der streitgegenständlichen Teerdecke nicht um eine Altlast.
- Die Teerdecke war, solange sie sich im ursprünglichen Zustand befand, keine Altlast, da es an der Schädlichkeit der Bodenveränderung im Sinne des § 2 Abs. 3 BBodSchG fehlt.
- Frühestens mit ihrem Ausbau konnte die Teerdecke zum entsorgungspflichtigen Abfall werden.
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Unter Zugrundelegung des in erster Instanz eingeholten Sachverständigengutachtens steht fest, dass von der Teerdecke in eingebautem Zustand keine Umweltgefahr ausging.
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Die Beklagte hat somit eine Grundstücksfläche von ca. 1.000 m² gegen Zahlung eines Betrages durch den Kläger von 1.129,64 EUR einmessen zu lassen und an den Kläger zu übereignen.
B. Kostenentscheidung
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 ZPO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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Gründe, die Revision zuzulassen, lagen nicht vor (§ 543 Abs. 2 ZPO).
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