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AGDO - 10 U 194/98 vom 2014-12-19

AGDO
10 U 194/98
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Das Amtsgericht Dortmund wies eine Klage auf Mietnachzahlung ab, da diese als unzulässige Saldoklage nicht den Anforderungen an eine hinreichende Bestimmtheit des Streitgegenstands genügte. Die Vermieterin hatte verschiedene Forderungen (Mieten, Mahn-, Rechtsanwalts- und Betriebskosten) in einem Saldo zusammengefasst, ohne erkennbar zu machen, welche konkreten Ansprüche noch offen waren. Das Gericht stellte klar, dass nach Ablauf der Abrechnungsfrist keine Nebenkostenvorauszahlungen mehr gefordert werden können und bestätigte eine 30%ige Mietminderung wegen Schimmelbefalls, da die Vermieterin nicht nachweisen konnte, dass der Schimmel beseitigt wurde.

Diese Zusammenfassung dient ausschließlich der ersten Orientierung und stellt keine Rechtsberatung dar.

Kernpunkte der Entscheidung

  • 1Saldoklage mit verschiedenen Forderungsarten (Miete, Nebenkosten, Mahnkosten) ist unzulässig
  • 2Streitgegenstand muss hinreichend bestimmt sein - pauschale Verweisung auf Mietzinskonto genügt nicht
  • 3Nach Abrechnungsfrist können keine Nebenkostenvorauszahlungen mehr gefordert werden
  • 4Mietminderung tritt kraft Gesetzes ein - volle Miete darf nicht angesetzt werden
  • 5Pauschale Behauptung der Mängelbeseitigung ohne konkrete Maßnahmen reicht nicht aus

Rechtliche Bedeutung

Diese Entscheidung ist für die Praxis der Mietrechtsdurchsetzung von erheblicher Bedeutung. Sie zeigt die formellen Anforderungen an Mietzahlungsklagen auf und warnt vor unzulässigen Saldoklagen. Besonders wichtig ist die Klarstellung, dass nach Ablauf der Abrechnungsfrist keine Vorauszahlungen mehr gefordert werden können - ein häufiger Fehler in der Praxis. Die Entscheidung unterstreicht auch, dass Vermieter konkret darlegen müssen, welche Mängelbeseitigungsmaßnahmen durchgeführt wurden; pauschale Behauptungen genügen nicht. Für Anwälte ist die Mahnung wichtig, Klageforderungen präzise aufzuschlüsseln und nicht pauschal auf umfangreiche Anlagen zu verweisen.

Hinweis: Diese rechtliche Einschätzung dient nur zu Informationszwecken. Sie ersetzt keine professionelle Rechtsberatung. Für konkrete rechtliche Fragen wenden Sie sich bitte an einen qualifizierten Rechtsanwalt. Die Interpretation von Gerichtsentscheidungen kann je nach Einzelfall variieren.

Entscheidungsgründe

Tenor

  • Die Klage wird abgewiesen.
  • Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
  • Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin macht Ansprüche aus einem Mietverhältnis über eine Wohnung im I-Weg in Dortmund geltend.

Mietverhältnis und Mietminderung

Die Beklagten waren vom 01.08.2009 bis zum 31.03.2013 Mieter der Wohnung. Aufgrund von bauseitig bedingtem Schimmel minderten sie seit Januar 2010 die Miete.

Mit Urteil des Amtsgerichts Dortmund vom 12.07.2012 wurde eine Mietminderung für den Zeitraum Januar 2010 bis Mai 2011 in Höhe von 30% für rechtens erachtet.

Betriebskostenabrechnung

Mit Schreiben vom 27.06.2011 rechnete die Klägerin über die Betriebskosten 2010 ab:

  • Vorauszahlung: 1.642,00 €
  • Nachzahlung: 137,71 €

Klageforderung

Die Klägerin macht geltend:

  • Offene Mieten ab September 2011
  • Mahnkosten
  • Rechtsanwaltskosten
  • Kosten aus der Betriebskostenabrechnung 2010
  • Gesamtforderung: 5.175,59 €

Die Klägerin beruft sich auf ein Mietzinskonto, in dem die volle Miete inklusive Vorauszahlungen eingesetzt ist, obwohl unstreitig eine Mietminderung berechtigt war.

Entscheidungsgründe

I. Unzulässigkeit der Klage

Die Klage ist nicht zulässig, da die geltend gemachte Forderung auf einer unzulässigen Saldoklage beruht.

Anforderungen an die Bestimmtheit

Gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss der Streitgegenstand hinreichend deutlich bestimmt werden. Es ist nicht nachvollziehbar, für welchen Monat welcher Betrag gefordert wird.

Der BGH (NJW 2013, 1367 ff.) hat zwar keine Bedenken gegen eine Saldoklage, wenn:

  • Für einen längeren Zeitraum eine gleich hohe Nutzungsentschädigung gefordert wird
  • Hiervon die erbrachten Zahlungen abgezogen werden

Mängel der vorliegenden Klage

Der vorliegende Fall ist nicht vergleichbar, da der Saldo enthält:

  • Unterschiedlich hohe Mietzinsforderungen
  • Mahnkosten
  • Rechtsanwaltskosten
  • Betriebskosten

Problematisch ist insbesondere:

  • Die Miete wurde für den gesamten Zeitraum in voller Höhe angesetzt
  • Die Mietzinsminderung tritt jedoch kraft Gesetzes ein
  • Die Beklagten schulden ab Mängelanzeige nicht die volle Miete
  • Gutschriften wurden nicht auf die betroffenen Monate, sondern pauschal verrechnet

Unzulässige Verweisung auf Anlagen

  • Die pauschale Verweisung auf ein mehrseitiges Mietzinskonto ist unzulässig
  • Das Gericht muss sich den relevanten Tatsachenstoff nicht selbst aus umfangreichen Anlagen heraussuchen (Musielak, ZPO, § 130 Rn. 10)
  • Die pauschale Verweisung auf Anlagen ist unzulässig (OLG Düsseldorf, MDR 1993, 798 f.)

II. Unbegründetheit der Klage

Die Klage ist auch unbegründet.

1. Fehlender schlüssiger Vortrag

Ein schlüssiger Sachvortrag zur Höhe der Klageforderung ist nicht erfolgt.

2. Keine Nebenkostenvorauszahlungen nach Abrechnungsfrist

Die Klägerin hat sämtliche Mieten als Bruttomieten inklusive Vorauszahlungen angesetzt.

Nach ständiger Rechtsprechung gilt:

  • Nach Erteilung der Abrechnung bzw. ab Abrechnungsreife kann der Vermieter keine Vorauszahlungen mehr fordern
  • Er kann nur noch die Beträge verlangen, die sich aus der Abrechnung ergeben
  • BGH, Urteil vom 26.09.2012, XII ZR 112/10
  • OLG Düsseldorf, Urteil vom 09.03.2000, 10 U 194/98
  • KG Berlin, Urteil vom 16.06.2014, 8 U 29/14

Vorliegend sind bis Ende 2012 die Abrechnungszeiträume abgelaufen, sodass Vorauszahlungen bis Dezember 2012 nicht mehr gefordert werden können.

3. Fortbestehen der Mietminderung

Ohne Berücksichtigung der Vorauszahlungen und unter Anrechnung einer 30% Mietminderung besteht kein offener Saldo.

Die Klägerin hat nur pauschal behauptet, der Schimmel sei behoben:

  • Die Ursache mag durch Dämmungsmaßnahmen beseitigt sein
  • Der vorhandene Schimmel löst sich dadurch jedoch nicht auf
  • Konkrete Schimmelbeseitigungsmaßnahmen in der Wohnung wurden nicht behauptet

Kostenentscheidung

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die hier wiedergegebenen Entscheidungen stammen aus öffentlich zugänglichen Quellen. Eine Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit kann nicht übernommen werden.

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Rechtlicher Hinweis

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