AGBM3 - 23 C 243/93 vom 2005-11-08
In der Entscheidung des Amtsgerichts M3 ging es um die Frage, ob der Kläger Anspruch auf Deckungsschutz seiner Rechtsschutzversicherung für einen Schimmelpilzbefall in seiner Wohnung hatte. Das Gericht entschied, dass die Beklagte dem Kläger Versicherungsschutz gewähren musste, da der Versicherungsfall erst mit der Entdeckung des Schimmelbefalls nach Abschluss der Versicherung und Ablauf der Wartezeit eingetreten war. Die Entscheidung hat rechtliche Bedeutung, da sie aufzeigt, dass unklare und intransparente Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Versicherung nicht zulässig sind und die Rechte der Versicherungsnehmer unangemessen einschränken können.
Diese Zusammenfassung dient ausschließlich der ersten Orientierung und stellt keine Rechtsberatung dar.
Kernpunkte der Entscheidung
- 1"Die Beklagte wurde verpflichtet, dem Kläger Versicherungsschutz für Mietrechtsstreitigkeiten zu gewähren, da der Versicherungsfall mit der Entdeckung des Schimmelbefalls eintrat.
- 2"Die Kosten des Rechtsstreits wurden der Beklagten auferlegt, mit Ausnahme der Kosten des Vergleichs, die gegeneinander aufgehoben wurden.
- 3"Die Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten wurden als intransparent und unangemessen benachteiligend für den Versicherungsnehmer bewertet.
Rechtliche Bedeutung
Die Entscheidung des AGBM3 vom 8. November 2005 befasst sich mit der Frage des Deckungsschutzes in einer Rechtsschutzversicherung im Kontext von Mietrechtsstreitigkeiten. Der entscheidende Rechtsgrundsatz ist, dass der Versicherungsfall nicht bereits mit der Übergabe einer mangelhaften Wohnung eintritt, sondern erst, wenn der Mieter aufgrund neuer Umstände (hier: Schimmelbildung) rechtliche Schritte gegen den Vermieter in Erwägung zieht. Diese Entscheidung ist relevant für Fälle, in denen Mieter nach dem Abschluss einer Rechtsschutzversicherung Ansprüche aufgrund von Mängeln an der Mietwohnung geltend machen möchten, die möglicherweise bereits vor Vertragsabschluss bestanden. Praktisch führt die Entscheidung dazu, dass Versicherungsnehmer in ähnlichen Situationen nunmehr einen Anspruch auf Deckungsschutz haben, auch wenn der ursprüngliche Mangel bereits vor dem Abschluss der Versicherung bekannt war, sofern die rechtlichen Auseinandersetzungen erst nach Vertragsabschluss eintreten.
Hinweis: Diese rechtliche Einschätzung dient nur zu Informationszwecken. Sie ersetzt keine professionelle Rechtsberatung. Für konkrete rechtliche Fragen wenden Sie sich bitte an einen qualifizierten Rechtsanwalt. Die Interpretation von Gerichtsentscheidungen kann je nach Einzelfall variieren.
Entscheidungsgründe
Tenor
Mit Ausnahme der Kosten des Vergleichs, die gegeneinander aufgehoben werden, werden die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten auferlegt.
I. Sachverhalt
- Der Kläger hat die Beklagte auf Deckungsschutz in Anspruch genommen.
- Er mietete zum 1.7.2003 eine Wohnung an.
- Der Vermieter wies darauf hin, dass es in der Wohnung zu Schimmelpilzbildung gekommen sei, weil die Vormieter nur unzureichend geheizt und gelüftet hätten.
- Der Schaden sei inzwischen behoben.
- Am 18.2.2004 schloss der Kläger mit der Beklagten eine Rechtsschutzversicherung ab, die sich u.a. auf die Gewährung von Rechtsschutz für Mietrechtsstreitigkeiten erstreckt und eine dreimonatige Wartezeit vorsieht.
- Im Januar 2005 bemerkte der Kläger erneut Schimmelpilz in der Wohnung und suchte bei der Beklagten um Deckungsschutz nach.
- Der Kläger vertrat die Ansicht, dass ihm die Beklagte Deckungsschutz gewähren müsse, da der Versicherungsfall erst mit der Entdeckung des Schimmelbefalls eingetreten sei.
- Die Beklagte hingegen argumentierte, dass der Versicherungsfall bereits am 1.7.2003 eingetreten sei, als der Kläger dem Vermieter vorwarf, die Wohnung mit einem Baumangel übergeben zu haben.
II. Vergleich und Kostenentscheidung
- In der mündlichen Verhandlung vom 6.9.2005 schlossen die Parteien einen Vergleich und übertrugen die Kostenentscheidung unter Ziffer 4 dem Gericht.
- Aufgrund von Ziffer 4 des Vergleichs ist nur noch eine Kostenentscheidung gemäß § 91a ZPO zu erlassen.
- Umstritten ist, ob der Inhalt des Vergleichs und der Umfang des wechselseitigen Nachgebens bei der Kostenentscheidung zu berücksichtigen sind.
- Gemäß § 91a ZPO ist die Kostenentscheidung nach billigem Ermessen zu treffen, wobei sich diese regelmäßig daran orientieren sollte, wie das Verfahren ohne die Einigung der Parteien ausgegangen wäre.
- Eine andere Beurteilung ist angemessen, wenn der Rechtsstreit ohne die Einigung nicht entscheidungsreif gewesen wäre und eine Beweisaufnahme hätte durchgeführt werden müssen.
III. Entscheidung über die Kosten
- Die Kosten des Rechtsstreits werden in vollem Umfang der Beklagten auferlegt.
- Die Klage hätte in der ersten Instanz in vollem Umfang Erfolg gehabt.
- Die Beklagte war verpflichtet, dem Kläger Versicherungsschutz zu gewähren.
- Der von der Beklagten zu gewährende Versicherungsschutz umfasst die Wahrung der rechtlichen Interessen des Klägers aus Mietverhältnissen.
- Die Beklagte hat zu Unrecht die Gewährung von Versicherungsschutz gemäß § 4 der ARB 2002 verweigert.
- Die Regelung in § 4 der ARB 2002 hält einer Inhaltskontrolle nicht stand.
- Die Klausel ist intransparent und für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht verständlich.
IV. Unklarheiten in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen
- § 4 Abs. 1 der ARB 2002 ist missverständlich formuliert:
"Anspruch auf Rechtsschutz besteht nach Eintritt eines Rechtsschutzfalls ..."
- Diese Formulierung legt nahe, dass es erst zu einem Eintritt des Rechtsschutzfalles kommen müsse.
- § 4 Abs. 2 der ARB 2002 ist ebenfalls unklar:
"Erstreckt sich der Rechtsschutzfall über einen Zeitraum, ist dessen Beginn maßgeblich."
- Der Begriff "Rechtsschutzfall" wird nicht klar definiert.
- Die Regelungen sind so komplex, dass sie für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht nachvollziehbar sind.
V. Rechtsschutzfall und Versicherungsanspruch
- Der Rechtsschutzfall tritt nicht bereits bei der Übergabe der mangelhaften Räumlichkeiten ein, sondern erst, wenn der Kläger erkennt, dass rechtliche Interessen wahrgenommen werden müssen.
- Der Beginn des Rechtsschutzfalls fällt mit der Entdeckung des Schimmelpilzes durch den Kläger zusammen, zu diesem Zeitpunkt bestand bereits Versicherungsschutz.
- Die Beklagte kann den Deckungsschutz nicht verweigern, da der Kläger nicht verpflichtet war, den Vermieter über frühere Probleme mit Schimmel zu informieren.
VI. Schlussfolgerung
- Die Beklagte kann sich nicht auf die Formulierung in § 4 Abs. 1 lit. c) der ARB 2002 berufen, um den Versicherungsschutz auszuschließen.
- Die Kosten des Vergleichs sind gegeneinander aufzuheben, da beide Parteien einen für sie lästigen Rechtsstreit beendet haben.
- Streitwert: 2.000 €
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