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LGMS - 13 U 165/03 vom 2011-10-10

LGMS
13 U 165/03
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In der Entscheidung des Landgerichts München (LGMS) vom 10. Oktober 2011 ging es um die Frage, ob ein Kaufvertrag über Kamerazubehör, der aufgrund eines offensichtlichen Preisfehlers zustande gekommen war, wirksam war. Das Gericht entschied, dass der Kaufvertrag durch die Beklagte wirksam angefochten wurde, da der Preisfehler für den Kläger erkennbar war und die Anfechtung unverzüglich erfolgte. Die rechtliche Bedeutung dieser Entscheidung liegt darin, dass sie bestätigt, dass offensichtliche Irrtümer bei Preisangaben im Internet zur Nichtigkeit eines Kaufvertrags führen können, was für Online-Händler von großer Relevanz ist.

Diese Zusammenfassung dient ausschließlich der ersten Orientierung und stellt keine Rechtsberatung dar.

Kernpunkte der Entscheidung

  • 1"Die Klage des Klägers wurde abgewiesen, da der Kaufvertrag aufgrund einer wirksamen Anfechtung durch die Beklagte nichtig ist.
  • 2"Die Beklagte hatte den Kaufvertrag wegen eines offensichtlichen Irrtums bei der Preisangabe angefochten, was rechtzeitig und formfrei geschah.
  • 3"Der Kläger kann die Vollstreckung des Urteils durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.

Rechtliche Bedeutung

Die Entscheidung des Landgerichts München (LGMS) befasst sich mit der Anfechtung eines Kaufvertrags aufgrund eines offensichtlichen Irrtums bei der Preisangabe gemäß § 119 BGB. Der Rechtsgrundsatz, dass ein Kaufvertrag durch Anfechtung wegen eines Erklärungsirrtums nichtig wird, wurde hier angewendet, da der Preisfehler für den Kläger erkennbar war. Diese Entscheidung ist relevant für Fälle, in denen Online-Händler aufgrund von technischen Fehlern falsche Preise auszeichnen und sich darauf berufen, dass ein Kaufvertrag nicht zustande gekommen ist, was weitreichende praktische Auswirkungen auf die Gestaltung von Online-Verträgen und die Überprüfung von Preisangaben hat.

Hinweis: Diese rechtliche Einschätzung dient nur zu Informationszwecken. Sie ersetzt keine professionelle Rechtsberatung. Für konkrete rechtliche Fragen wenden Sie sich bitte an einen qualifizierten Rechtsanwalt. Die Interpretation von Gerichtsentscheidungen kann je nach Einzelfall variieren.

Entscheidungsgründe

Tenor

  1. Die Klage wird abgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreites.
  3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
  4. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils insgesamt vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

1. Tatbestand

Der Kläger macht mit der Klage die Erfüllung eines Online-Kaufvertrages über 2 Objektive und 2 Kameragehäuse geltend.

1.1 Bestellung und Preisfehler

  • Die Beklagte unterhält einen Online-Shop für Hard- und Software und bezieht ihre Ware über 4 Großhändler.
  • Am 13.04.2011 bestellte der Kläger über den Online-Shop:
    • 2 Objektive U, F (für M Digitalkameras, sch), Artikel-Nr.: N zu je 1,65 Euro
    • 2 Kameragehäuse N1 (schwarz), Artikel-Nr.: N2 zu je 1,31 Euro

„Tatsächlich war bei der Preisauszeichnung ein Fehler passiert, weil die Kommas um 3 Stellen nach links gerutscht waren.“

  • Richtig wären die Preise von 1.310,00 Euro für die Kameras und 1.650,00 Euro für die Objektive gewesen.

1.2 Bestätigung und Stornierung

  • Der Kläger erhielt am 13.04.2011 um 0:11 Uhr eine Bestätigung per E-Mail, dass die Ware ausgeliefert werde, sobald der Betrag von 18,77 Euro auf dem angegebenen Konto eingegangen sei.

  • Am nächsten Morgen bemerkte die Beklagte den Fehler und sandte um 7:50 Uhr eine E-Mail mit dem Inhalt:

    „Stornierung, da Fehler beim Update.“

  • Der Kläger überwies dennoch den Kaufpreis am 14.04.2011.

  • Am 15.04.2011 sandte die Beklagte eine weitere E-Mail, in der sie den Kaufvertrag wegen Irrtums gemäß § 119 BGB anfocht.

1.3 Weitere Entwicklungen

  • Der Kläger forderte die Beklagte am 20.04.2011 zur Lieferung der Ware auf.
  • Die Beklagte focht den Kaufvertrag erneut an und überwies den Rechnungsbetrag zurück.

2. Anträge der Parteien

2.1 Klägeranträge

  1. Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2 Objektive U, F sowie 2 Kameragehäuse N1 auszuliefern und zu übereignen, Zug um Zug gegen Zahlung des Kaufpreises in Höhe von 18,77 Euro.
  2. Feststellung, dass sich die Beklagte in Verzug befindet.
  3. Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 661,60 Euro vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren zu zahlen.

2.2 Beklagtenantrag

  • Die Klage abzuweisen.

3. Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Lieferung der Objektive und Kameragehäuse gemäß § 433 Abs. 1 Satz 1 BGB.

3.1 Zustandekommen des Kaufvertrages

  • Das Gericht geht davon aus, dass durch die Bestellung des Klägers und die Übersendung der E-Mail ein Kaufvertrag zustande gekommen ist.

3.2 Anfechtung des Kaufvertrages

  • Der Kaufvertrag ist gemäß § 142 Abs. 1 BGB nichtig, da er durch die Beklagte wirksam angefochten wurde.
  • Die Anfechtung wurde bereits mit der E-Mail vom 14.04.2011 erklärt.

„Die Anfechtung ist eine formfreie Willenserklärung, in der das Wort „anfechten“ nicht ausdrücklich verwendet werden muss.“

  • Der Kläger hat eingeräumt, die E-Mail erhalten zu haben, war jedoch der Meinung, dass diese nicht ausreichend sei.

3.3 Offensichtlicher Preisfehler

  • Der Fehler bei der Preisauszeichnung war für den Kläger und jeden Dritten offensichtlich.
  • Die Anfechtungserklärung war rechtzeitig, da sie am nächsten Morgen nach der Bestellung erfolgte.

3.4 Weitere Anfechtungen

  • Selbst wenn die E-Mail vom 15.04.2011 nicht ausreichend wäre, wäre sie dennoch rechtzeitig.
  • Die Anfechtungen beziehen sich nicht nur auf die Kameragehäuse, sondern auf den gesamten Kaufvertrag.

3.5 Irrtum und Übermittlungsfehler

  • Der Kaufvertrag ist aufgrund der wirksamen Anfechtung als von Anfang an nichtig anzusehen.
  • Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erfüllung des Vertrages, weshalb auch die Anträge zu 2) und 3) unbegründet sind.

4. Kostenentscheidung

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


Unterschrift

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Rechtlicher Hinweis

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