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OLGHAM - 9 U 3/00 vom 2002-07-02

OLGHAM
9 U 3/00
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In der Entscheidung des OLG Hamm ging es um die Frage, ob einem Kläger, der nach einem Unfall auf dem Betriebsgelände einer Beklagten Schadenersatzansprüche geltend machen möchte, Prozesskostenhilfe gewährt werden kann. Das Gericht hob den Beschluss des Landgerichts auf, das die Prozesskostenhilfe aufgrund einer vermeintlichen Haftungsfreistellung nach dem SGB VII verweigert hatte. Es stellte klar, dass die Haftungsfreistellung nicht greift, da der Kläger nicht im Rahmen einer gemeinsamen betrieblichen Tätigkeit verletzt wurde, sondern aufgrund einer Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten. Diese Entscheidung hat rechtliche Bedeutung, da sie die Voraussetzungen für die Haftung bei Arbeitsunfällen und die Gewährung von Prozesskostenhilfe präzisiert.

Diese Zusammenfassung dient ausschließlich der ersten Orientierung und stellt keine Rechtsberatung dar.

Kernpunkte der Entscheidung

  • 1"Der Beschluss des Landgerichts Bielefeld zur Verweigerung der Prozesskostenhilfe wurde aufgehoben.
  • 2"Die Sache wurde zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen, wobei eine Haftungsfreistellung der Beklagten ausgeschlossen wurde.
  • 3"Der Kläger hatte Ansprüche auf Schmerzensgeld und Ersatz von Verdienstausfall aufgrund eines Unfalls geltend gemacht.

Rechtliche Bedeutung

Die Entscheidung des OLG Hamm befasst sich mit der Haftung im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung und der Prozesskostenhilfe. Der Rechtsgrundsatz, dass eine Haftungsfreistellung nach §§ 104, 105, 106 SGB VII nur unter bestimmten Voraussetzungen gilt, wurde angewendet, wobei hier die erforderliche "gemeinsame Betriebsstätte" nicht vorlag. Diese Entscheidung ist relevant für Fälle, in denen selbständige Personen auf dem Betriebsgelände eines Unternehmens verletzt werden und klärt, dass eine Haftungsfreistellung nicht greift, wenn die Verletzung auf einem Baumangel und nicht auf einer betrieblichen Tätigkeit beruht, was praktische Auswirkungen auf die Durchsetzbarkeit von Schadensersatzansprüchen hat.

Hinweis: Diese rechtliche Einschätzung dient nur zu Informationszwecken. Sie ersetzt keine professionelle Rechtsberatung. Für konkrete rechtliche Fragen wenden Sie sich bitte an einen qualifizierten Rechtsanwalt. Die Interpretation von Gerichtsentscheidungen kann je nach Einzelfall variieren.

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers wird der - Prozesskostenhilfe verweigernde - Beschluss der 9. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld vom 11. Dezember 2001 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung mit der Maßgabe an das Landgericht zurückverwiesen, dass von einer Haftungsfreistellung der Beklagten gemäß §§ 104, 105, 106 Abs. 3 Fall 3 SGB VII abzusehen ist.

Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben und außergerichtliche Kosten nicht erstattet.

Gründe

I. Sachverhalt

Die Parteien streiten über Schadenersatzansprüche wegen eines Unfalls, der sich am 16. November 2000 in M ereignet hat und bei dem der Kläger verletzt worden ist.

  1. Unfallhergang:

    • Der Kläger gibt an, dass er am Unfalltag gegen 18:40 Uhr als selbständiger Kurierfahrer bei der Beklagten eine Sendung mit Prägefolien abliefern wollte.
    • Auf dem Rückweg von einer Laderampe des Versandgebäudes der Beklagten trat er in einen ungesicherten Zwischenraum zwischen der Treppe und einer seitlich verlaufenden Mauer und stürzte hinunter.
    • Die Verletzungen umfassen eine Zerrung des linken Kniegelenks sowie einen Riss des Innenmeniskus. Der Kläger ist seit dem Unfall krankgeschrieben.
  2. Klagebegehren:

    • Der Kläger beabsichtigt, ein angemessenes Schmerzensgeld, Ersatz seines Verdienstausfallschadens und die Feststellung einer Ersatzpflicht der Beklagten für sämtliche weiteren materiellen Schäden aus dem Unfallereignis geltend zu machen.
  3. Einwendungen der Beklagten:

    • Die Beklagte bestreitet den Unfallhergang sowie das Fehlen einer Beleuchtung im Treppenbereich.
    • Sie wendet ein, dass die geltend gemachten Ansprüche nach § 106 Abs. 3 Fall 3 SGB VII ausgeschlossen seien.

II. Entscheidung des Landgerichts

Das Landgericht hat die Prozesskostenhilfe wegen fehlender Erfolgsaussicht der Klage verweigert und dies mit dem Vorliegen des Haftungsbeschränkungstatbestandes des § 106 Abs. 3 Fall 3 SGB VII begründet. Der Kläger verfolgt mit der Beschwerde seinen Prozesskostenhilfeantrag in vollem Umfang weiter und hält die Regelungen der §§ 104, 105, 106 SGB VII im Streitfall für nicht einschlägig.

III. Begründung der Beschwerde

Die gemäß § 127 Abs. 2 ZPO statthafte Beschwerde ist begründet, soweit das Landgericht die Verweigerung der Prozesskostenhilfe auf die Haftungsbeschränkungsregelung der §§ 104 ff. SGB VII gestützt hat.

  1. Neuregelung der gesetzlichen Unfallversicherung:

    • Seit dem 1. Januar 1997 ist die Haftungsbeschränkung für Personenschäden bei Arbeitsunfällen auf Leistungen der gesetzlichen Versicherungsträger erweitert worden.
    • Nach § 106 Abs. 3 Fall 3 SGB VII haften auch die „für mehrere“ (d.h. verschiedene) „Unternehmen tätigen Versicherten“ nur nach den Vorschriften des gesetzlichen Unfallversicherungsrechts, es sei denn, es handelt sich um vorsätzlich herbeigeführte Verletzungen oder „Wegeunfälle“.
  2. Voraussetzungen für Haftungsfreistellung:

    • Für das Vorliegen einer „gemeinsamen Betriebsstätte“ ist ein bewusstes Miteinander im Arbeitsablauf und ein betriebliches Zusammenwirken mehrerer Unternehmen erforderlich.
    • Der Kläger wurde nicht im Zusammenhang mit Entladearbeiten verletzt, sondern aufgrund einer vermeintlichen Pflichtverletzung der Beklagten bezüglich der Verkehrssicherungspflicht.

„Eine Schutzbedürftigkeit des für den Baumangel verantwortlichen Unternehmers besteht hier auch nicht etwa wegen einer Belastung mit den Beiträgen zur gesetzlichen Unfallversicherung.“

  1. Deliktische Haftung:
    • Die deliktische Haftung der Beklagten wegen des Unfalls vom 16. November 2000 ist auch nicht nach § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB VII ausgeschlossen.
    • Der Kläger hat mit seiner Anlieferung von Waren auf dem Betriebsgelände der Beklagten seine eigenen wirtschaftlichen Interessen wahrgenommen und war daher nicht für das Unternehmen der Beklagten tätig.

IV. Schlussfolgerung

Da das Landgericht sich bisher nur mit der Rechtsfrage einer Haftungsfreistellung nach den §§ 104 ff. SGB VII befasst hat, wird es nunmehr unter Berücksichtigung der in dem Senatsbeschluss dargelegten Auffassung erneut über das Prozesskostenhilfegesuch entscheiden müssen.

Die hier wiedergegebenen Entscheidungen stammen aus öffentlich zugänglichen Quellen. Eine Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit kann nicht übernommen werden.

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