OLGKARL - 11 O 193/13 vom 2015-03-31
In der Entscheidung des OLG Karlsruhe ging es um die Frage, ob ein Dachdeckermeister von seiner Betriebshaftpflichtversicherung Deckungsschutz für Schäden an einem Gebäude verlangen kann, die nach Abschluss der Versicherung auftraten. Das Gericht wies die Berufung der Beklagten zurück und bestätigte, dass das Schadensereignis innerhalb des versicherten Zeitraums lag, da die Schäden erst 2010 festgestellt wurden, obwohl die Arbeiten 2007 abgeschlossen waren. Die Entscheidung hat rechtliche Bedeutung, da sie die Auslegung von Versicherungsbedingungen und den Zeitpunkt des Schadensereignisses präzisiert, was für zukünftige Haftungsfragen in ähnlichen Fällen relevant ist.
Diese Zusammenfassung dient ausschließlich der ersten Orientierung und stellt keine Rechtsberatung dar.
Kernpunkte der Entscheidung
- 1"Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim wird zurückgewiesen.
- 2"Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens und der Nebenintervention.
- 3"Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, die Beklagte kann die Vollstreckung unter bestimmten Bedingungen abwenden.
Rechtliche Bedeutung
Die Entscheidung des OLG Karlsruhe bekräftigt den Grundsatz, dass der Zeitpunkt des Schadensereignisses für die Einstandspflicht eines Versicherers entscheidend ist, wobei das Schadensereignis nicht mit der Ursache des Schadens identisch sein muss. Diese Entscheidung ist insbesondere für Fälle relevant, in denen es um die Auslegung von Versicherungsverträgen und die zeitliche Einordnung von Schadensereignissen geht, wie etwa in der Bau- und Haftpflichtversicherung. Praktisch führt sie dazu, dass Versicherungsnehmer in ähnlichen Situationen besser verstehen können, wann sie Anspruch auf Deckungsschutz haben, was die Rechtsklarheit und die Handhabung von Schadensfällen verbessert.
Hinweis: Diese rechtliche Einschätzung dient nur zu Informationszwecken. Sie ersetzt keine professionelle Rechtsberatung. Für konkrete rechtliche Fragen wenden Sie sich bitte an einen qualifizierten Rechtsanwalt. Die Interpretation von Gerichtsentscheidungen kann je nach Einzelfall variieren.
Urteil des Landgerichts Mannheim
Tenor
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Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 24.06.2014 - 11 O 193/13 - wird zurückgewiesen.
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Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens und der Nebenintervention.
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Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger oder die Nebenintervenientin Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten. Die angefochtene Entscheidung ist ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar.
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Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Sachverhalt
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Der Kläger beansprucht von der Beklagten Deckungsschutz im Rahmen einer Betriebshaftpflichtversicherung.
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Der Kläger ist selbständiger Dachdeckermeister und führte im Jahr 2007 Flachdacharbeiten für die A. Systembau (fortan: Auftraggeberin) beim Neubau der Neonatologie im Klinikum K aus. Die Arbeiten wurden im Jahr 2007 abgenommen.
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Der Kläger unterhielt zwischen dem 01.01.2008 und 2012 bei der Beklagten eine Betriebshaftpflichtversicherung. Vor diesem Zeitraum bestand eine Betriebshaftpflichtversicherung mit der Streithelferin.
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In Ziffer 1.1 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB) ist geregelt:
„Versicherungsschutz besteht im Rahmen des versicherten Risikos für den Fall, dass der Versicherungsnehmer wegen eines während der Wirksamkeit der Versicherung eingetretenen Schadenereignisses (Versicherungsfall), das einen Personen-, Sach- oder sich daraus ergebenden Vermögensschaden zur Folge hatte, aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts von einem Dritten auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird. Schadenereignis ist das Ereignis, als dessen Folge die Schädigung des Dritten unmittelbar entstanden ist. Auf den Zeitpunkt der Schadenverursachung, die zum Schadenereignis geführt hat, kommt es nicht an.“
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Versicherungsvertrages wird auf den Versicherungsschein vom 02.10.2007 nebst Anlagen verwiesen.
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Im Jahr 2010 traten in den unter dem Flachdach liegenden Räumen Geruchsbelästigungen auf. In den Sommermonaten kam es zu Wasserschäden im Bereich des Objektes. Als Ursache wurde eine mangelhafte Verlegung der Dachbahnen festgestellt. Die Auftraggeberin führte Mangelbeseitigungsarbeiten durch und nahm den Kläger vor dem Landgericht S auf Erstattung der entstandenen Kosten der Sanierungsmaßnahmen in Anspruch.
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Der Kläger vertritt die Auffassung, die Beklagte habe im Rahmen der zwischen 01.01.2008 und 2012 bestandenen Betriebshaftpflichtversicherung bedingungsgemäßen Deckungsschutz zu gewähren. Maßgeblich für die Beurteilung der Einstandspflicht der Beklagten sei nach § 1 AHB das Schadensereignis. Abzustellen sei dabei auf die nach außen aufgetretenen Mangelerscheinungen, die erst 2010 zu verzeichnen gewesen seien.
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Die Streithelferin hat sich den Ausführungen des Klägers angeschlossen und ergänzend vorgetragen, die streitgegenständlichen Mangelfolgeschäden seien erst nach dem 01.01.2008 aufgetreten.
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Der Kläger hat nach teilweiser Klagrücknahme beantragt:
- Feststellung 1: Die Beklagte ist verpflichtet, Versicherungsschutz unter Maßgabe der gewerblichen Haftpflichtversicherung, Vertragsnummer HGV 7.706.861/7-00507 bezogen auf den Schadensfall „Bedachung Neubau der Neonatologie, Klinikum K“, zu gewähren, soweit nicht der nicht versicherte Erfüllungsbereich betroffen ist.
- Feststellung 2: Die Beklagte ist verpflichtet, auf die von der Klägerin verauslagten Gerichtskosten Zinsen in Höhe von 2 Prozent seit dem Zeitpunkt der Einzahlung der Gerichtskosten durch den Kläger bis zum Tag des Eingangs des Kostenfestsetzungsantrags bei Gericht nach Maßgabe der für die jeweiligen Instanzen ausgeurteilten Kostenquote zu zahlen.
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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen und vertritt die Auffassung, das Schadensereignis habe sich nicht im versicherten Zeitraum ereignet.
II. Entscheidung des Landgerichts
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Das Landgericht hat der Klage im Antrag zu 1 stattgegeben und im Übrigen abgewiesen. Maßgeblich für die Auslegung von § 1 Ziffer 1 AHB sei, was unter dem Begriff des Schadenereignisses zu verstehen sei.
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Die Berufung bleibt ohne Erfolg. Zwischen den Parteien steht allein die Frage im Streit, ob der geltend gemachte Schaden in die versicherte Zeit fällt. Diese Frage hat das Landgericht auf der Grundlage des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 26.03.2014 (IV ZR 422/12 - NJW 2014, 2038) zu Recht bejaht.
III. Auslegung der AHB
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Wirksamkeit der Regelung:
- Die Wirksamkeit der hier zugrunde liegenden Regelung in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen wurde in Teilen der Literatur in Zweifel gezogen, jedoch hat der Bundesgerichtshof die Wirksamkeit der Bestimmung bejaht.
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Auslegung der Allgemeinen Versicherungsbedingungen:
- Diese sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung und aufmerksamer Durchsicht verstehen muss.
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Schadensereignis:
- Im Streitfall ist der Eintritt des Wassers als das maßgebliche Schadensereignis anzusehen. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird erkennen, dass das Schadenereignis zeitlich vor dem Zeitpunkt der Schädigung des Dritten liegen muss.
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Feststellung des Schadensereignisses:
- Das Schadensereignis liegt innerhalb der versicherten Zeit. Auch wenn unklar ist, wann genau das Dach undicht wurde, gehen beide Parteien davon aus, dass während der Vertragslaufzeit Wasser durch das mangelhafte Dach eingedrungen ist.
IV. Kostenentscheidung
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 101 ZPO.
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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
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Gründe für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO) sind nicht ersichtlich. Die für diesen Fall maßgeblichen Fragen hat der Bundesgerichtshof durch seine Entscheidung vom 26.03.2014 (IV ZR 422/12) geklärt.
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