OLGKOBL - 7 vom 2016-11-02
In der Entscheidung des Oberlandesgerichts Koblenz ging es um die Frage, ob die Antragsgegner für die Heimkosten ihrer Mutter auf Basis eines Notarvertrags aus dem Jahr 1991 haftbar sind. Das Gericht wies die Beschwerde der Antragsgegner zurück und bestätigte die Verpflichtung zur Zahlung der ungedeckten Heimkosten in Höhe von 19.571,06 €, da der Vertrag eindeutig eine gesamtschuldnerische Haftung vorsah und keine sittenwidrigen Klauseln enthielt. Diese Entscheidung hat rechtliche Bedeutung, da sie die Bindung an vertragliche Verpflichtungen auch bei unvorhergesehenen Entwicklungen, wie einer längeren Lebensdauer der Mutter, bekräftigt und die Auslegung von Notarverträgen im Kontext von Unterhaltsansprüchen klärt.
Diese Zusammenfassung dient ausschließlich der ersten Orientierung und stellt keine Rechtsberatung dar.
Kernpunkte der Entscheidung
- 1"Die Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluss des Amtsgerichts Bad Neuenahr-Ahrweiler wird zurückgewiesen.
- 2"Die Antragsgegner sind als Gesamtschuldner für die Kosten des Beschwerdeverfahrens verantwortlich.
- 3"Der Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 19.571,06 €.
Rechtliche Bedeutung
Die Entscheidung des OLG Koblenz befasst sich mit der rechtlichen Auslegung eines Notarvertrags, der die Verpflichtung der Antragsgegner zur Übernahme von Heimkosten für ihre Mutter regelt. Hierbei wurden die Grundsätze des Vertragsrechts, insbesondere die Auslegung von Verträgen und die Haftung als Gesamtschuldner, angewendet. Diese Entscheidung ist relevant für Fälle, in denen vertragliche Verpflichtungen zur Kostenübernahme im Kontext von Pflegeleistungen und Erbangelegenheiten bestehen, und hat praktische Auswirkungen auf die Durchsetzbarkeit solcher Ansprüche, insbesondere in Bezug auf die Haftung der Kinder gegenüber den Pflegekosten ihrer Eltern.
Hinweis: Diese rechtliche Einschätzung dient nur zu Informationszwecken. Sie ersetzt keine professionelle Rechtsberatung. Für konkrete rechtliche Fragen wenden Sie sich bitte an einen qualifizierten Rechtsanwalt. Die Interpretation von Gerichtsentscheidungen kann je nach Einzelfall variieren.
Entscheidungsgründe
I. Einleitung
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Die Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bad Neuenahr-Ahrweiler vom 08.04.2016 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 14.04.2016 wird zurückgewiesen.
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Die Antragsgegner tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner.
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Der Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 19.571,06 € festgesetzt.
II. Sachverhalt
1. Anspruchsgrundlage
Der Antragsteller nimmt die Antragsgegner aus übergegangenem Recht wegen erbrachter Leistungen für die seit 01.06.2012 im Alten- und Pflegeheim wohnende Mutter der Antragsgegner in Anspruch. Geltend gemacht wird hier der Zeitraum Juni 2012 bis Juli 2013. Gefordert werden gesamtschuldnerisch 19.571,06 € nebst Zinsen.
2. Erbauseinandersetzungsvertrag
Im Jahr 1991 hatten die Antragsgegner mit ihrer damals 68 Jahre alten Mutter nach dem Tod ihres Vaters und Ehemanns ihrer Mutter unter Beteiligung der Ehefrau des Antragsgegners zu 1) einen notariellen „Erbauseinandersetzungs- und Überlassungsvertrag“ geschlossen.
- Die Mutter der Antragsgegner hatte ihren Ehemann zu ½ beerbt und die Antragsgegner diesen zu je 1/6.
- In der Erbmasse befand sich ein Wohngrundstück mit einem gutachterlich geschätzten Wert von 133.000 DM.
- Die Antragsgegner zu 1) und seine Ehefrau erhielten das Anwesen vollständig zu hälftigem Miteigentum.
- Im Gegenzug räumten die Erwerber der Mutter der Antragsgegner ein unentgeltliches Wohn- und Mitbenutzungsrecht ein sowie die Verpflichtung, sie in alten und kranken Tagen zu pflegen.
3. Pflegeverpflichtung und Verzicht
- Mit einem erforderlichen Umzug der Mutter in ein Alten- und Pflegeheim erlosch die Pflegeverpflichtung entschädigungslos.
- Die Erwerber verpflichteten sich, an die Antragsgegner zu 2) und zu 3) je 29.666 DM herauszuzahlen.
- Die Mutter der Antragsgegner verzichtete auf eine Herauszahlung zugunsten ihrer Kinder.
4. Kostenübernahme
Die Antragsgegner verpflichteten sich als Gesamtschuldner, im Falle der Unterbringung der Mutter in einem Alten- und Pflegeheim alle Kosten zu zahlen, die sie aus eigenem Vermögen und Einkommen nicht bestreiten kann.
III. Entscheidung des Familiengerichts
Das Familiengericht hat die ungedeckten Kosten von insgesamt 19.571,06 € antragsgemäß nebst Zinsen zuerkannt.
1. Begründung
- Die Aufwendungen für die Mutter der Antragsgegner seien zweifelsfrei dargetan und belegt.
- Der Zahlungsanspruch ergebe sich aus dem Notarvertrag, der weder sittenwidrig sei noch Raum für eine anderweitige Auslegung biete.
- Die Antragsgegner könnten sich nicht auf Verwirkung berufen, da der Anspruch seit 2013 kontinuierlich verfolgt worden sei.
- Auf die Leistungsfähigkeit der Antragsgegner komme es nicht an, da diese vertraglich hafteten.
2. Beschwerde der Antragsgegner
Die Antragsgegner bestreiten die Hilfsbedürftigkeit ihrer Mutter und rügen, das Familiengericht habe ohne nähere Prüfung die Angaben des Antragstellers übernommen. Sie argumentieren, dass die Entscheidung den Notarvertrag nicht im Gesamtzusammenhang auslege.
IV. Rechtliche Würdigung
1. Anspruchsübergang
- Gemäß § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB XII findet ein Anspruchsübergang statt, wenn die leistungsberechtigte Person (hier die Mutter der Antragsgegner) für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, nach bürgerlichem Recht einen Unterhaltsanspruch hat.
- Eine ausdrückliche Überleitungsanzeige liegt hier in Form von jeweils bestandkräftigen privatrechtsgestaltenden Verwaltungsakten vor.
2. Höhe der Hilfeleistungen
- Der Antragsteller hat die Höhe der erbrachten Hilfeleistungen substantiiert dargetan und durch Unterlagen belegt.
- Die Antragsgegnerin zu 3) rügt, dass das Wohngeld unverhältnismäßig niedrig sei. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass es in Rheinland-Pfalz kein Pflegewohngeld gibt.
3. Vertragliche Verpflichtung
- Die Antragsgegner haben sich als Gesamtschuldner zur Übernahme der ungedeckten Heimkosten ihrer Mutter verpflichtet.
- Der Wortlaut des Notarvertrags ist eindeutig und lässt keine abweichende Auslegung zu.
4. Sittenwidrigkeit
- Der Notarvertrag ist nicht sittenwidrig, da er sowohl für die Antragsgegner als auch für die Mutter der Antragsgegner Vorteile und Risiken barg.
- Die Antragsgegner haben durch den Vertrag einen Vermögenszuwachs erzielt und tragen auch Risiken.
5. Verwirkung
- Der Anspruch ist nicht verwirkt, da das Zeitmoment nicht erfüllt ist. Der Antragsteller hat die Forderung nicht über einen Zeitraum von 35 Monaten nicht ernsthaft weiterverfolgt.
V. Ergebnis
Nach alledem haben die Beschwerden keinen Erfolg. Sie waren mit den sich aus §§ 113 Abs. 1 FamFG, 97 Abs. 1, 100 Abs. 4 ZPO, 35, 40 FamGKG folgenden Nebenentscheidungen zurückzuweisen.
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