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VGSH - 1 MB 27/03 vom 2018-09-04

VGSH
1 MB 27/03
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In der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Schleswig (VGSH) vom 4. September 2018 ging es um die Frage, ob die Antragstellerin die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen eine Nutzungsuntersagung für ihre Fremdenzimmer wiederherstellen kann. Das Gericht lehnte den Antrag ab und stellte fest, dass die Nutzungsuntersagung rechtmäßig war, da die Antragstellerin keine erforderliche Baugenehmigung für die Nutzung der Räume hatte und die öffentliche Sicherheit, insbesondere der Brandschutz, gefährdet war. Diese Entscheidung verdeutlicht die rechtliche Bedeutung der Einhaltung von Bauvorschriften und die Priorität des öffentlichen Interesses an der Sicherheit über private wirtschaftliche Interessen.

Diese Zusammenfassung dient ausschließlich der ersten Orientierung und stellt keine Rechtsberatung dar.

Kernpunkte der Entscheidung

  • 1"Der Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung wurde abgelehnt.
  • 2"Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
  • 3"Die angefochtene Nutzungsuntersagung wurde als rechtmäßig erachtet, da die Antragstellerin keine erforderliche Baugenehmigung für die Nutzung der Fremdenzimmer hatte.

Rechtliche Bedeutung

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Schleswig (VGSH) befasst sich mit der Ablehnung eines Antrags auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs gegen eine Nutzungsuntersagungsverfügung. Hierbei wurden die Rechtsgrundsätze der Interessenabwägung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO angewendet, wobei das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes höher gewichtet wurde als das private Interesse der Antragstellerin. Diese Entscheidung ist insbesondere relevant für Fälle, in denen eine sofortige Vollziehung von Verwaltungsakten, wie Nutzungsuntersagungen, angeordnet wird, und hat praktische Auswirkungen auf die Durchsetzung von Bauordnungsrecht und die Handhabung von Zwangsgeldern bei Verstößen gegen solche Vorschriften.

Hinweis: Diese rechtliche Einschätzung dient nur zu Informationszwecken. Sie ersetzt keine professionelle Rechtsberatung. Für konkrete rechtliche Fragen wenden Sie sich bitte an einen qualifizierten Rechtsanwalt. Die Interpretation von Gerichtsentscheidungen kann je nach Einzelfall variieren.

Tenor

  1. Der Antrag wird abgelehnt.
  2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
  3. Der Streitwert wird auf 18.000 € festgesetzt.

Gründe

1. Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung

Der Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung beziehungsweise Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines von ihr eingelegten „Widerspruchs“ gegen die vom Antragsgegner für sofort vollziehbar erklärte Nutzungsuntersagungsverfügung mit Zwangsgeldandrohung vom 23.07.2018 bleibt ohne Erfolg.

  • Die Kammer geht zugunsten der Antragstellerin davon aus, dass sie rechtzeitig Widerspruch gegen die Verfügung erhoben hat.
  • Der Widerspruch ist gemäß § 70 VwGO innerhalb eines Monats bei der Behörde zu erheben, die den Widerspruch erlassen hat.
  • In der Antragsschrift vom 17.08.2018 erklärte die Antragstellerin, sie lege Widerspruch ein und bitte um Wiederherstellung der Nutzung. Dieses Schreiben wurde dem Antragsgegner am 23.08.2018 übermittelt.

Das Gericht geht von einer wirksamen, rechtzeitigen Widerspruchseinlegung aus (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.09.1980 – IV C 74.77 -). Das vorläufige Rechtsschutzgesuch der Antragstellerin ist jedoch unbegründet.

2. Interessenabwägung

Die gerichtliche Entscheidung nach § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO ergeht auf der Grundlage einer umfassenden Interessenabwägung:

  • Private Interessen der Antragstellerin
  • Öffentliches Interesse an der Vollziehung des Verwaltungsaktes

Im Rahmen dieser Abwägung können auch Erkenntnisse über die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes von Bedeutung sein, jedoch nicht als unmittelbare Entscheidungsgrundlage dienen.

3. Formelle Anforderungen

Die Abwägung ist erst vorzunehmen, wenn die Begründung der sofortigen Vollzugsanordnung durch die Behörde den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 S. 1 VwGO genügt.

  • Die Begründung des Sofortvollzugs in der Verfügung vom 23.07.2018 erfüllt diese Anforderungen.
  • Bei der Durchsetzung einer rechtmäßigen Nutzungsuntersagungsverfügung sind an die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung keine hohen Anforderungen zu stellen.

Der Antragsgegner hat in seiner Begründung nicht nur auf die Gleichbehandlung gesetzestreuer Bürger abgestellt, sondern auch auf die konkreten Gefahren für Leib und Leben der Gäste aufgrund von Verstößen gegen Brandschutzvorschriften.

4. Materiell-rechtliche Abwägung

Die Abwägung geht zu Lasten der Antragstellerin, da die angefochtene Verfügung des Antragsgegners als rechtmäßig erweist:

  • Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Ermächtigungsnorm des § 59 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 4 LBO liegen vor.
  • Die Nutzung der Fremdenzimmer im Obergeschoss und der Personalräume im Dachgeschoss verstößt gegen formelles und materielles Bauordnungsrecht.
  • Die Antragstellerin verfügt nicht über die erforderliche Baugenehmigung für die vorgenommene Nutzungsänderung.

Der gutgläubige Erwerb einer Immobilie ersetzt nicht die erforderlichen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen.

5. Bauantrag und Genehmigungen

Im Jahr 2007 wurde ein Bauantrag für den Ausbau von 4 Fremdenzimmern im 1. Obergeschoss gestellt, jedoch zurückgenommen.

  • Nach der letzten erteilten Baugenehmigung vom 11.01.2018 sind im Dachgeschoss nur Abstellräume und im Obergeschoss Personal- und Umkleideräume zulässig.

6. Gaststättenrechtliche Erlaubnis

Die Erteilung einer gaststättenrechtlichen Erlaubnis für eine Schank- und Speisewirtschaft rechtfertigt keine andere Entscheidung:

  • Der räumliche Umfang des Betriebs ist in der Genehmigung genau bezeichnet; Fremdenzimmer sind nicht aufgeführt.
  • Eine Gaststättenerlaubnis vermittelt keinen baurechtlichen Bestandsschutz.

7. Nutzungsuntersagung

Eine Nutzungsuntersagung ist unzulässig, wenn die praktizierte Nutzung ganz offensichtlich rechtmäßig ist. Dies ist hier jedoch nicht der Fall:

  • Der Antragsgegner hat ausführlich dargelegt, dass die Vorschriften über den Brandschutz bislang nicht erfüllt sind.
  • Die Installation von Rauchmeldern rechtfertigt nicht die Nutzung der Räumlichkeiten.

8. Denkmalgeschützte Gebäude

Der Hinweis der Antragstellerin, dass ihr Gebäude zum Marktplatzensemble des historischen Stadtdenkmals Glücksstadt gehört, rechtfertigt keine andere Entscheidung:

  • Auch denkmalgeschützte Gebäude müssen den bauordnungsrechtlichen Vorschriften entsprechen.
  • Abweichungen müssen im Baugenehmigungsverfahren entschieden werden.

9. Zwangsgeldandrohung

Die Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 750 € begegnet keinen durchgreifenden Bedenken:

  • Der Antragsgegner hat die Antragstellerin darauf hingewiesen, dass die Zwangsmittel solange wiederholt werden können, bis der Verwaltungsakt befolgt worden ist.

10. Kostenfolge und Streitwert

Der Antrag ist mit der sich aus § 154 Abs. 1 VwGO ergebenden Kostenfolge abzulehnen.

  • Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2, 63 Abs. 2 GKG.
  • Bei vier Fremdenzimmern mit sieben Betten und einem Personalraum wird von einem Jahresnutzwert von ca. 36.000 € ausgegangen, der wegen der Vorläufigkeit der Entscheidung im Eilverfahren zu halbieren ist.

Die hier wiedergegebenen Entscheidungen stammen aus öffentlich zugänglichen Quellen. Eine Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit kann nicht übernommen werden.

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Rechtlicher Hinweis

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