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AGBN Entscheidung vom 2000-03-17

AGBN
Unbekannt
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In dieser Entscheidung des Amtsgerichts Bonn ging es um einen Streit über die Nutzung gemeinschaftlicher Räume in einem Mehrfamilienhaus. Die Klägerin, eine alleinerziehende berufstätige Mutter, verlangte eine Änderung der Waschordnung, da sie nur alle drei Wochen Zugang zur Waschküche hatte. Das Gericht entschied zu ihren Gunsten und gewährte ihr die Mitbenutzung der Waschküche an zwei festen Wochentagen sowie zusätzlich an einem weiteren Tag, solange die dritte Mietpartei keinen Anspruch erhob. Besonders bedeutsam ist, dass das Gericht auch den vertraglich zugesicherten, aber bisher versperrten Trockenspeicher im Dachgeschoss zur Nutzung freigab, obwohl die Vermieterin diesen zu Wohnzwecken ausbauen wollte.

Diese Zusammenfassung dient ausschließlich der ersten Orientierung und stellt keine Rechtsberatung dar.

Kernpunkte der Entscheidung

  • 1Klägerin erhält erweiterte Nutzungsrechte für Waschküche (Montag, Dienstag und zusätzlich Freitag/Samstag)
  • 2Vertraglich zugesicherter Trockenspeicher muss trotz jahrelanger Versperrung zur Verfügung gestellt werden
  • 3Interessen alleinerziehender berufstätiger Mütter sind bei Nutzungsregelungen besonders zu berücksichtigen
  • 4Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verlangt sozialverträgliches Verhalten der Hausbewohner untereinander
  • 5Längere Nichtnutzung führt nicht automatisch zum Verzicht auf vertraglich zugesicherte Rechte

Rechtliche Bedeutung

Diese Entscheidung ist bedeutsam für die Auslegung von Mitbenutzungsrechten in Mehrfamilienhäusern. Das Gericht stellt klar, dass vertraglich vereinbarte Nutzungsrechte nicht durch einseitige Verweigerung des Vermieters oder längere Nichtnutzung erlöschen. Besonders hervorzuheben ist die Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) auf das Zusammenleben in Mehrfamilienhäusern, wodurch eine Anpassung von Nutzungsregelungen an veränderte Lebensumstände möglich wird. Die Entscheidung zeigt auch, dass soziale Aspekte wie die Situation alleinerziehender berufstätiger Eltern bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen sind.

Hinweis: Diese rechtliche Einschätzung dient nur zu Informationszwecken. Sie ersetzt keine professionelle Rechtsberatung. Für konkrete rechtliche Fragen wenden Sie sich bitte an einen qualifizierten Rechtsanwalt. Die Interpretation von Gerichtsentscheidungen kann je nach Einzelfall variieren.

Entscheidungsgründe

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin die Mitbenutzung der Waschküche im Keller des Hauses T..straße 4, 5... C, zum Waschen von Wäsche, sowie des Trockenspeichers im Dachgeschoss des vorbezeichneten Hauses zum Auftrocknen der Wäsche jeweils am Montag und Dienstag einer jeden Woche, darüber hinaus, solange die dritte Mietpartei im Hause keinen Anspruch auf die Nutzung von Waschküche und Trockenraum erhebt, jeweils am Freitag oder Samstag einer jeden Woche, dies - soweit erforderlich - nach Absprache mit der Beklagten und/oder der weiteren Mietpartei im Hause, zu gestatten.

Die Beklagte hat es ferner zu gestatten, dass der Zeitraum zum Auftrocknen der Wäsche witterungsbedingt über die vorbezeichnete Nutzungszeiträume hinaus andauert.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch darauf, dass diese ihr die Mitbenutzung von Waschküche und Trockenspeicher in dem aus der Entscheidungsformel näher ersichtlichen Umfang gestattet, §§ 535, 242 BGB in Verbindung mit den Festlegungen des Mietvertrages vom 30.08.1995, dort in Sonderheit § 1 des vorformulierten Mietvertrages (Beschreibung des Mietgegenstandes) in Verbindung mit § 5 (Waschordnung) der über § 24 des Mietvertrages in diesen einbezogenen Hausordnung.

Die von der Beklagten in Ausfüllung der unter § 5 der Hausordnung erlassenen Waschordnung, zu Gunsten der Klägerin bereits einvernehmlich ausgeweitet, war auf den Antrag der Klägerin hin nach Maßgabe der Entscheidungsformel abzuändern.

Dies deshalb, weil die bisherige Handhabung, Waschzeit für jede der Mietparteien jeweils eine Woche, darüber hinaus für die Klägerin die Möglichkeit jede Woche am Samstag zu waschen (und - jeweils - Wäsche - freilich ausschließlich (!) - in der Waschküche im Keller des Hauses aufzutrocknen) namentlich vor dem Hintergrund, dass die dritte Mietpartei im Hause seit geraumer Zeit wegen eigener Waschmaschine in der Wohnung kein Nutzungsinteresse an der Waschküche hat, nicht mehr als interessengerecht bezeichnet werden kann und deshalb unter der Berücksichtigung der Interessen der Klägerin als alleinerziehender Mutter einer nunmehr zehnjährigen Tochter, eine Änderung erfahren musste.

Die von der Klägerin angestrebte und im Ergebnis auch durchgesetzte Änderung hat ihre Rechtsgrundlage einmal in den mietvertraglichen Vereinbarungen und zum Anderen in dem als Ausfluss des das gesamte Zivilrecht beherrschenden Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) geltenden Grundsatz eines sozialverträglichen Verhaltens der Hausbewohner des Mehrfamilienhauses untereinander, das zu gegenseitiger Rücksichtnahme und Verständnis für die Belange des jeweils anderen zwingt.

Mit Recht macht die Klägerin geltend, dass die bisherige Regelung, wie von ihr verlangt, abgesehen von dem arbeitsfreien Samstag, lediglich alle drei Wochen (!) Waschküche und Trockenmöglichkeiten in der Waschküche eingeräumt zu erhalten, ihren Interessen als berufstätige Frau und Mutter einer - zehnjährigen- Tochter nicht gerecht werden kann, vielmehr ihr die Möglichkeit einzuräumen war, in weit kürzeren Abständen die Waschküche im Keller und darüber hinaus - worauf noch einzugehen sein wird - den im Dachgeschoss gelegenen Speicherraum bestimmungsgemäß, d.h. zum Waschen von Wäsche und der Trocknung, zu nutzen, zumal die dritte Mietpartei im Hause auf die Nutzung der Waschmaschine derzeit und in absehbarer Zukunft keinen Wert legt.

Der Richter sah sich bei der ihm abgeforderten Entscheidung deshalb veranlasst, dem von der Klägerin im Zuge des mit den Parteien geführten Rechtsgespräches im Termin zur mündlichen Verhandlung entwickelten Nutzungsplan zu folgen. Zwar wären andere, weiter ausdifferenzierte Nutzungsregelungen möglich gewesen, die jedoch Einigungsbereitschaft beider Parteien vorausgesetzt hätten. Eine Einigung war jedoch wegen der Haltung der Beklagten nicht möglich, die sich - ausgehend von Vorstellungen über ihre Einwirkungsmöglichkeiten als Eigentümerin und Vermieterin über die zur Mitbenutzung vermieteten Räumlichkeiten, die im geltenden Recht keine Grundlage haben - zu einer einvernehmlichen Regelung nicht bereit finden konnte.

Entgegen der von der Beklagten vertretenden Rechtsauffassung erstreckt sich das Mitbenutzungsrecht auch auf den - eigens durch mietvertragliche Vereinbarung (!) - zur Mitbenutzung vermieteten Trockenspeicher (im Dachgeschoss), und zwar dies ungeachtet des Umstandes, dass der Speicher seit Beginn des Mietverhältnisses versperrt wurde, der vertraglich zugesicherten Mietnutzung bislang nicht zugänglich gewesen ist und dass die Beklagte beabsichtigt den Speicher (zu Wohnzwecken) auszubauen.

Entscheidend ist, dass es hinsichtlich der Nutzungsmöglichkeiten der Waschküche (im Keller) nunmehr zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen den Parteien gekommen ist, so dass die Klägerin danach nicht gehindert ist, nunmehr auch Zugriff auf den ihr vertraglich zur Mitbenutzung zum Auftrocknen von Wäsche zugesicherten Trockenraum im Dachgeschoss zu nehmen, da aus der längeren Nichtnutzung allein nicht darauf geschlossen werden kann, dass sie auf das ihr durch den Mietvertrag gegebene Recht zur Mitnutzung auch dieses Raumes auf Dauer verzichtet hat.

Kostenentscheidung

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht aus § 708 Nr.11, 713 ZPO.

Streitwert: bis 1000,00 DM

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Rechtlicher Hinweis

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