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FGNI - 1997 I 274/93 vom 2006-11-16

FGNI
1997 I 274/93
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In der Entscheidung des Finanzgerichts Niedersachsen (FGNI) vom 16. November 2006 ging es um die Einordnung eines selbstbewohnten Einfamilienhauses in eine Ausstattungsklasse zur Feststellung des Einheitswertes. Das Gericht entschied, dass die Einordnung in die Ausstattungsklasse V (sehr gute Ausstattung) gerechtfertigt sei, jedoch der Einheitswert aufgrund des Fehlens eines Kellergeschosses um 23,5 % zu reduzieren sei. Diese Entscheidung hat rechtliche Bedeutung, da sie klärt, dass der fehlende Keller einen wertmindernden Umstand darstellt, der bei der Ermittlung des Einheitswertes berücksichtigt werden muss. Die Revision wurde zugelassen, da die Frage der Wertminderung durch fehlende Kellerräume bislang nicht abschließend geklärt war.

Diese Zusammenfassung dient ausschließlich der ersten Orientierung und stellt keine Rechtsberatung dar.

Kernpunkte der Entscheidung

  • 1"Die Parteien streiten über die Einordnung eines Grundstücks in eine Ausstattungsklasse im Rahmen der Einheitswertfeststellung.
  • 2"Der Beklagte setzte den Einheitswert im Ertragswertverfahren auf 100.700 DM fest, was die Kläger anfechten.
  • 3"Das Gericht stellte fest, dass die Einordnung des Hauses in die Ausstattungsklasse V nicht korrekt war und reduzierte den Einheitswert auf 81.900 DM.

Rechtliche Bedeutung

Die Entscheidung des Finanzgerichts Niedersachsen (FGNI) befasst sich mit der Einheitswertfeststellung eines Grundstücks im Ertragswertverfahren und der korrekten Einordnung in eine Ausstattungsklasse gemäß dem Bewertungsgesetz (BewG). Der Rechtsgrundsatz, dass die Einheitsbewertung auf den Wertverhältnissen des Hauptfeststellungszeitpunkts basieren muss, wurde angewendet, wobei das Gericht die Mietspiegelwerte als nicht zutreffend erachtete und stattdessen eine Kostenmiete als Schätzungsgrundlage heranzog. Diese Entscheidung ist relevant für Fälle, in denen die Ausstattung von Immobilien und deren Einfluss auf die Einheitswertfeststellung strittig ist, und hat praktische Auswirkungen auf die Bewertung von Immobilien, insbesondere in Bezug auf die Berücksichtigung fehlender Kellerräume als wertmindernden Faktor.

Hinweis: Diese rechtliche Einschätzung dient nur zu Informationszwecken. Sie ersetzt keine professionelle Rechtsberatung. Für konkrete rechtliche Fragen wenden Sie sich bitte an einen qualifizierten Rechtsanwalt. Die Interpretation von Gerichtsentscheidungen kann je nach Einzelfall variieren.

Tatbestand

1. Streitgegenstand

Die Parteien streiten im Rahmen der Einheitswertfeststellung eines im Ertragswertverfahren bewerteten Grundstücks über die zutreffende Einordnung in eine Ausstattungsklasse.

  • Die Kläger haben im Jahre 1992 ein unbebautes Grundstück erworben und darauf ein selbstbewohntes Wohnhaus errichtet.
  • Das Haus hat Wohnräume im Erd- und Dachgeschoss mit einer Gesamtwohnfläche von 135 qm.
  • Es besitzt eine Sammelheizung mit zentraler Warmwasserversorgung und zwei Badezimmer, eines davon mit Badewanne, zwei Waschbecken und separater Dusche.
  • Die Badezimmer sind mit Fliesen auf den Böden und Wänden ausgestattet, die bis zur Decke reichen.
  • Das Haus hat mehrere großflächige Fenster und Terrassentüren mit Isolierverglasung.
  • Die Türen im Inneren bestehen aus Massivholz und das gesamte Haus hat Bodenfliesen mit Fußbodenheizung. Im Obergeschoss befindet sich teilweise Parkettfußboden.
  • Im Esszimmer ist ein bis zur Zimmerdecke reichender Kachelofen mit Sitzbank eingebaut.
  • Ein Kellergeschoss ist nicht vorhanden. Im Erdgeschoss gibt es einen 1,8 qm großen Abstellraum unter der Treppe.

2. Einheitswertfeststellung

Der Beklagte hat für das Grundstück eine Art- und Wertfortschreibung auf den 1. Januar 1995 zum Einfamilienhaus durchgeführt und den Einheitswert im Ertragswertverfahren mit 100.700 DM festgestellt.

  • Der Wert errechnet sich aus einer Monatsmiete von 5,19 DM, die dem Mietspiegel der Klasse V (sehr gute Ausstattung) entnommen wurde.
  • Der Beklagte hat den Wert von 4,90 DM um 6% für ein freistehendes Einfamilienhaus erhöht.

3. Einspruchsverfahren

Das Einspruchsverfahren führte zu einer Erhöhung des Einheitswertes auf 101.200 DM.

  • Diese Erhöhung resultierte aus einer zusätzlichen 5% Erhöhung wegen übernommener Schönheitsreparaturen.
  • Der so gewonnene Wert wurde auf die pauschale Kostenmiete von 5,35 DM begrenzt.

4. Klage der Kläger

Mit ihrer Klage wenden sich die Kläger gegen die Höhe des Mietwertes.

  • Sie sind der Auffassung, dass die Einordnung ihres Hauses in die Ausstattungsklasse V des Mietspiegels nicht korrekt sei.
  • Das Haus weiche nach Bauart, Größe und Gestaltung nicht vom üblichen Standard ab und es seien nur durchschnittlich qualitative Materialien verwendet worden.
  • Die Herstellungskosten des Gebäudes beliefen sich auf 487,57 DM/qm Wohnfläche und lägen damit im Bereich der Ausstattungsklasse II.

5. Antrag der Kläger

Die Kläger beantragen, den Einheitswert auf den 1. Januar 1995 unter Berücksichtigung der Ausstattungsklasse II niedriger festzusetzen.

6. Antrag des Beklagten

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen und hält an dem bisher ermittelten Mietwertansatz fest.

  • Er verweist darauf, dass alle Kriterien für die Einstufung des Gebäudes in die Ausstattungsklasse V erfüllt seien.
  • Entscheidend seien die Wertverhältnisse des Jahres 1964.

7. Augenscheinseinnahme

Der Berichterstatter des Senats hat das streitige Grundstück in Augenschein genommen.

"Wegen des Ergebnisses der Augenscheinseinnahme wird auf das Protokoll vom 8. September 2006 Bl. 41 bis 44 der Gerichtsakte Bezug genommen."

Entscheidungsgründe

I. Klageerfolg

Die Klage hat teilweise Erfolg.

1. Fortschreibung des Einheitswertes

Die Fortschreibung des zuletzt als unbebaut bewerteten Grundstücks ist dem Grunde nach zutreffend.

  • Gemäß § 22 Abs. 1 Bewertungsgesetz (BewG) wird der Einheitswert neu festgestellt, wenn sich der Wert von dem letzten Feststellungszeitpunkt um mehr als den zehnten Teil oder um 5.000 DM abweicht.
  • Im Streitfall ist die Fortschreibung erforderlich, da sich die tatsächlichen Verhältnisse seit der letzten Feststellung geändert haben.

2. Bedenken zur Höhe des Einheitswertes

Die Höhe des fortgeschriebenen Einheitswertes begegnet jedoch Bedenken.

a) Ertragswertverfahren

Der Beklagte hat den Einheitswert im Ertragswertverfahren zutreffend errechnet.

  • Das Grundstück ist bestandskräftig als Einfamilienhaus bewertet worden.
  • Anhaltspunkte für die Anwendung des Sachwertverfahrens liegen nicht vor.

b) Fehlende vergleichbare Objekte

Im Streitfall sind vermietete vergleichbare ähnliche Objekte nicht vorhanden.

  • Das Gebäude war am 1. Januar 1964 noch nicht errichtet.
  • Das Haus der Kläger ist nach dem persönlichen Geschmack der Bauherrn ausgerichtet.

c) Mietspiegelwerte

Das Gericht greift nicht auf die Werte aus der Spalte g des Mietspiegels des Beklagten zurück.

"Diese Werte geben nach Einschätzung des Senats nicht das Mietgefüge am Hauptfeststellungszeitpunkt 1. Januar 1964 wieder."

  • Der Senat hat die Mietspiegelspalte als Schätzungsgrundlage verworfen.
  • Mangels anderweitiger Anhaltspunkte zur Feststellung der Marktmiete hat der BFH den Ansatz einer Kostenmiete zugelassen.

3. Berechnung der Kostenmiete

Bei Ansatz der Kostenmiete wird von der Ausstattungsgruppe V (sehr gut) als zutreffende Schätzungsgrundlage ausgegangen.

  • Das Objekt enthält alle Merkmale dieser Ausstattungsgruppe.
  • Der Wert der pauschalen Kostenmiete beträgt 5,36 DM/qm Wohnfläche, abgerundet auf 5,35 DM.

4. Vorläufiger Einheitswert

Der vorläufige Einheitswert ergibt sich wie folgt:

  • Wohnräume: 135,75 qm x Monatsmiete 5,35 DM x 12 = 8.715 DM
  • Jahresrohmiete für Wohnräume: 8.280 DM
  • Garage: pauschal 300 DM
  • Jahresrohmiete gesamt: 8.580 DM
  • Vervielfältiger: 11,8
  • Einheitswert: 101.244 DM

5. Ermäßigung des Einheitswertes

Der Einheitswert wird gemäß § 82 Abs. 1 BewG ermäßigt.

  • Ein wertmindernder Umstand liegt vor, da das Gebäude nicht unterkellert ist.
  • Der Senat hält es für sachgerecht, wegen des fehlenden Kellergeschosses einen Abschlag in Höhe von 23,5% vom Gebäudewertanteil anzubringen.

6. Endgültiger Einheitswert

Der endgültige Einheitswert beträgt 81.900 DM.

II. Kostenentscheidung

Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Finanzgerichtsordnung (FGO).

  • Die übrigen Nebenentscheidungen ergeben sich aus § 151 Abs. 3 i.V.m. § 155 FGO und §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.

III. Revision

Das Gericht hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§ 115 FGO).

"Soweit ersichtlich, liegt bislang noch keine Rechtsprechung zu der Frage vor, ob wenn ja in welcher Höhe ein fehlendes Kellergeschoss zu einer Minderung des Einheitswertes führt."

Die hier wiedergegebenen Entscheidungen stammen aus öffentlich zugänglichen Quellen. Eine Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit kann nicht übernommen werden.

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