FGNI - des vom 2014-10-29
In der Entscheidung des Finanzgerichts Niedersachsen (FGNI) vom 29. Oktober 2014 ging es um die steuerliche Behandlung von Aufwendungen für den Abriss eines mangelhaften Gebäudes und die damit verbundenen Kosten. Das Gericht entschied, dass die Bau- und Abrisskosten sowie die Prozesskosten in der Regel den Herstellungskosten des neu errichteten Gebäudes zuzurechnen sind und nicht sofort als Betriebsausgaben oder außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden können. Diese Entscheidung hat rechtliche Bedeutung, da sie die Abzugsfähigkeit von Kosten im Zusammenhang mit Baumängeln und deren Beseitigung klarstellt und die Voraussetzungen für die Anerkennung von außergewöhnlichen Belastungen präzisiert.
Diese Zusammenfassung dient ausschließlich der ersten Orientierung und stellt keine Rechtsberatung dar.
Kernpunkte der Entscheidung
- 1"Streitig sind die steuerlichen Abzüge für Bau- und Abrisskosten eines mangelhaften, nicht fertiggestellten Gebäudes sowie die Absetzungen für Abnutzung (AfA).
- 2"Der Kläger beantragte den Abzug von Baukosten als Betriebsausgaben und außergewöhnliche Belastungen, während das Finanzamt diese als Herstellungskosten des neuen Gebäudes einordnete.
- 3"Das Gericht entschied, dass die Prozess- und Rechtsanwaltskosten in Höhe von 6.836,45 EUR als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig sind, während andere Kosten den Herstellungskosten zugeordnet werden.
Rechtliche Bedeutung
Die Entscheidung des Finanzgerichts Niedersachsen (FGNI) befasst sich mit der steuerlichen Behandlung von Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Abriss eines mangelhaften Gebäudes und der Absetzung für Abnutzung (AfA) des neu errichteten Gebäudes. Es wurden die Rechtsgrundsätze zur Abgrenzung zwischen Herstellungskosten und sofort abzugsfähigen Aufwendungen angewendet, wobei festgestellt wurde, dass die Kosten für den Abriss und die damit verbundenen Rechtsanwaltskosten als Herstellungskosten des neuen Gebäudes zu behandeln sind. Diese Entscheidung ist insbesondere relevant für Fälle, in denen Bauvorhaben aufgrund von Mängeln abgebrochen werden müssen, da sie die steuerliche Behandlung solcher Aufwendungen klärt und die Abzugsfähigkeit von Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen präzisiert, was erhebliche Auswirkungen auf die steuerliche Belastung der betroffenen Steuerpflichtigen hat.
Hinweis: Diese rechtliche Einschätzung dient nur zu Informationszwecken. Sie ersetzt keine professionelle Rechtsberatung. Für konkrete rechtliche Fragen wenden Sie sich bitte an einen qualifizierten Rechtsanwalt. Die Interpretation von Gerichtsentscheidungen kann je nach Einzelfall variieren.
Entscheidungsgründe
1. Klagebegründung
Die Klage ist nur zum Teil begründet.
a. Abzugsfähigkeit der Prozess- und Rechtsanwaltskosten
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Die Klage hat insoweit Erfolg, als die nicht mit dem betrieblich genutzten Gebäudeteil zusammenhängenden Prozess- und Rechtsanwaltskosten in Höhe von 6.836,45 EUR (vor Abzug der zumutbaren Eigenbelastung) als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig sind (§ 33 Abs. 1 und 3 EStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung).
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Insoweit ist der Einkommensteuerbescheid 2001 in der Fassung vom 17. September 2014 rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO).
aa. Definition außergewöhnlicher Belastungen
- Außergewöhnliche Belastungen sind Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen zwangsläufig und in größerem Maße erwachsen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes.
- Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
bb. Zivilprozesskosten
- Die Kosten eines Zivilprozesses können nach der neueren höchstrichterlichen Rechtsprechung unabhängig vom Gegenstand des Prozesses aus rechtlichen Gründen zwangsläufig entstehen.
- Voraussetzung für den Abzug als außergewöhnliche Belastungen ist, dass sich der Steuerpflichtige nicht mutwillig oder leichtfertig auf den Prozess eingelassen hat.
b. Abzug der Prozesskosten
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Von den im Streitjahr 2001 geltend gemachten Aufwendungen sind nur die durch den Zivilprozess entstandenen Gerichtskosten und außergerichtliche Kosten abzugsfähig.
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Bei den durch die Rechnungen belegten Aufwendungen fehlt der konkrete und unmittelbare Zusammenhang mit dem Beweissicherungsverfahren oder dem Bauprozess.
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Die Aufwendungen in der Gesamthöhe von 6.836,45 EUR stellen damit außergewöhnliche Belastungen dar und sind nach Abzug der zumutbaren Eigenbelastung gemäß § 33 Abs. 3 EStG bei der Steuerfestsetzung abzuziehen.
c. Abzug im Streitjahr 2002
- Im Streitjahr 2002 wirkt sich ein Abzug des Privatanteils der geltenden Prozess- und Rechtsanwaltsgebühren nicht aus, da die zumutbare Eigenbelastung des Klägers bereits den Gesamtbetrag der entstandenen Kosten übersteigt.
2. Klageerfolg im Übrigen
a. Ablehnung des anteiligen Betriebsausgabenabzugs
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Ein anteiliger Betriebsausgabenabzug für vergebliche Baukosten, Abrisskosten und Prozess- und Rechtsanwaltskosten kommt nicht in Betracht.
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Zu Recht hat der Beklagte diese Aufwendungen den Herstellungskosten des errichteten Gebäudes zugeschlagen.
aa. Definition Herstellungskosten
- Herstellungskosten sind alle Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Wirtschaftsgutes entstehen.
bb. Zuordnung der Kosten
- Aufwendungen für die Errichtung eines später wegen Baumängeln wieder abgerissenen Gebäudeteils sowie die Kosten der Beseitigung von Schäden am Bauvorhaben gehören zu den Herstellungskosten des neu errichteten Gebäudes.
b. Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung (AfaA)
- Baumängel, die zum vollständigen Rückbau führen, rechtfertigen keine (vollständige) Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung.
c. Fertigstellung des Gebäudes
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Der Beklagte hat zu Recht angenommen, dass das streitbefangene Gebäude erst ab August 2002 als fertiggestellt angesehen werden kann.
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Der Beginn der AfA setzt die Fertigstellung des betrieblich genutzten Gebäudeteils voraus.
d. Abzug des Privatanteils der vergeblichen Baukosten
- Ein Abzug des Privatanteils der vergeblichen Baukosten für das erste Gebäude und die privaten Abrisskosten stellt keine außergewöhnliche Belastungen dar.
3. Kostenentscheidung
Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 FGO. Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 151 Abs. 1 und 3 FGO, §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.
4. Revision
Die Revision war im Hinblick auf die bereits zur Problematik der Abzugsfähigkeit von Prozesskosten als außergewöhnliche Belastung anhängigen zahlreichen Revisionsverfahren wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).
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