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OLGSTUT - 2 O 481/01 vom 2003-06-05

OLGSTUT
2 O 481/01
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In der Entscheidung des OLG Stuttgart ging es um die Frage, ob die Beklagte, ein Rohbauunternehmen, anteilig für die Sanierung von Rissen im Putz einer Wohnanlage haften muss, nachdem die Klägerin aus abgetretenem Recht einen Teil der Kosten geltend machte. Das Gericht wies die Berufung der Beklagten zurück und bestätigte die Haftung der Beklagten für 20 % der Sanierungskosten, da sie gegen ihre vertraglichen Pflichten verstoßen hatte. Die Entscheidung ist rechtlich bedeutend, da sie die Voraussetzungen für eine gesamtschuldnerische Haftung zwischen Bauunternehmen und anderen am Bau beteiligten Parteien klärt und die Abtretung von Ansprüchen aus Geschäftsführung ohne Auftrag behandelt.

Diese Zusammenfassung dient ausschließlich der ersten Orientierung und stellt keine Rechtsberatung dar.

Kernpunkte der Entscheidung

  • 1"Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Ellwangen wird zurückgewiesen.
  • 2"Die Beklagte trägt 75% der Kosten der Berufung, während die Klägerin 25% zu zahlen hat.
  • 3"Die Klägerin hat durch wirksame Abtretung einen Ausgleichsanspruch gegen die Beklagte in Höhe von 20% der Mangelbeseitigungskosten.

Rechtliche Bedeutung

Die Entscheidung des OLG Stuttgart bezieht sich auf die Anwendung der Rechtsgrundsätze zur gesamtschuldnerischen Haftung und der Abtretung von Ansprüchen gemäß § 398 BGB. Sie ist insbesondere relevant für Fälle, in denen mehrere Parteien an einem Bauvorhaben beteiligt sind und Mängel auftreten, die auf Versäumnisse verschiedener Beteiligter zurückzuführen sind. Praktisch hat das Urteil zur Folge, dass die Beklagte anteilig für die Mängelbeseitigungskosten haftet, was die Haftung von Bauunternehmen und deren mögliche Ansprüche untereinander betrifft, und es wird klargestellt, dass eine Abtretung von Ansprüchen wirksam sein kann, auch wenn diese aus einem Gesamtschuldverhältnis resultieren.

Hinweis: Diese rechtliche Einschätzung dient nur zu Informationszwecken. Sie ersetzt keine professionelle Rechtsberatung. Für konkrete rechtliche Fragen wenden Sie sich bitte an einen qualifizierten Rechtsanwalt. Die Interpretation von Gerichtsentscheidungen kann je nach Einzelfall variieren.

Entscheidungsgründe

Tenor

  1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des Landgerichts Ellwangen vom 13.12.2002 (2 O 481/01) wird zurückgewiesen.
  2. Von den Kosten der Berufung haben die Klägerin ¼ und die Beklagte ¾ zu tragen, mit Ausnahme der durch die Beweisaufnahme verursachten Kosten, die der Beklagten vollständig zur Last fallen.
  3. Die Revision wird nicht zugelassen.
  4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn diese nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrags leistet.

Streitwert der Berufung

  • Bis zum 15.05.2003: 14.737,24 EUR
  • Ab dem 15.05.2003: 8.421,38 EUR

I. Sachverhalt

  1. Die Klägerin verlangt von der Beklagten, die ein Rohbauunternehmen betreibt, aus abgetretenem Recht die Beteiligung an den Kosten für die Sanierung von Rissen im Putz einer Wohnanlage.

  2. Im Auftrag desselben Bauherren waren sowohl die Beklagte als auch ein Stukkateurbetrieb, dessen Inhaberin später Kommanditistin der Klägerin wurde, an der Erstellung einer Wohnanlage in Aalen beteiligt. Nach Abschluss der Rohbauarbeiten der Beklagten und nachfolgendem Aufbringen des Putzes durch den Stukkateurbetrieb zeigten sich dort alsbald Risse. Der Bauherr nahm daraufhin die Erbinnen der inzwischen verstorbenen Inhaberin des Stukkateurbetriebs auf Ersatz von Mangelbeseitigungskosten in Anspruch. Der vom Bauherrn angestrengte Prozess endete durch gerichtlichen Vergleich, in dem sich die Erbinnen verpflichteten, an den Bauherrn auf der Grundlage eines Haftungsanteils von 85 % der erforderlichen Mangelbeseitigungskosten insgesamt DM 70.000,-- zu bezahlen. Dieser Betrag wurde auch an den Bauherrn bezahlt.

  3. Die Klägerin begehrt nunmehr aus abgetretenem Recht von der Beklagten die Erstattung eines Teilbetrags dieser Zahlung an den Bauherrn. Sie legt dabei eine Beteiligungsquote der Beklagten von 35 % der Kosten für die Sanierung des Putzes zu Grunde.

  4. Auf die weiteren tatsächlichen Feststellungen des landgerichtlichen Urteils wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

  5. Das Landgericht hat eine Mithaftung der Beklagten für die am Putz aufgetretenen Mängel von 20 % angenommen und die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen zur Zahlung von 8.421,38 EUR nebst Zinsen verurteilt. Es hat die Auffassung vertreten, der Inhaberin des an dem Bauvorhaben beteiligten Stukkateurbetriebs habe gegen die Beklagte insoweit ein Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag zugestanden. Dieser Anspruch sei wirksam an die Klägerin abgetreten worden.

  6. Dagegen wendet sich die Beklagte unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens mit der Berufung. Sie ist nach wie vor der Auffassung, der geltend gemachte Anspruch stehe der Klägerin bereits aus Rechtsgründen nicht zu. Im Übrigen seien die von ihr geschuldeten Arbeiten frei von Mängeln ausgeführt worden.

  7. Die Beklagte beantragt, das Urteil des Landgerichts Ellwangen vom 13.12.2002 aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.

  8. Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

  9. Eine zunächst angekündigte Anschlussberufung wurde in der Sitzung vom 15.05.2003 zurückgenommen.

  10. Die Klägerin verteidigt das landgerichtliche Urteil.

II. Entscheidung

  1. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, in der Sache hat sie indes keinen Erfolg. Das Landgericht ist zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klägerin durch wirksame Abtretung (§ 398 BGB) Inhaberin eines Ausgleichsanspruchs gegen die Beklagte geworden ist. Dieser Anspruch orientiert sich der Höhe nach an einem Anteil von 20 % der für die Sanierung des Putzes erforderlichen Kosten. Der Senat weicht lediglich insoweit von der Begründung der angefochtenen Entscheidung ab, als sich der Ausgleichsanspruch der Klägerin nicht aus einer Geschäftsführung ohne Auftrag, sondern aus § 426 Abs. 1 BGB ergibt.

1. Aktivlegitimation der Klägerin

  1. Die Beklagte kann mit dem auf die vorgetragene Abtretung gerichteten Bestreiten der Aktivlegitimation der Klägerin keinen Erfolg haben.

    „Ausweislich der Sitzungsniederschrift wurde den Parteien im Termin zur mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 08.11.2002 im Hinblick auf den bestimmten Verkündungstermin lediglich noch ein Schriftsatzrecht zu den erörterten Themen eingeräumt.“

  2. In diesem Verfahrensstadium war daher das erstmalige Bestreiten der von Klägerseite bereits im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 13.03.2003 vorgetragenen Abtretung im Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 29.11.2002 schon gemäß § 296 a ZPO nicht mehr zu beachten.

  3. Der Berücksichtigung im Berufungsverfahren steht § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO entgegen.

2. Vertragsverletzungen der Beklagten

  1. Die Beklagte hat bei der Durchführung der Rohbauarbeiten in mehrfacher Hinsicht gegen die ihr obliegenden vertraglichen Pflichten verstoßen und dadurch zum Entstehen der im Putz aufgetretenen Risse beigetragen. Hierdurch wurde gegenüber dem Bauherrn eine gesamtschuldnerische Haftung mit der Inhaberin des Stukkateurbetriebs begründet.

  2. a) Seit der Entscheidung des Großen Senats für Zivilsachen vom 01.02.1965 (BGHZ 43, 227) entspricht es ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass der an der Errichtung eines Bauwerks beteiligte Architekt und der Bauunternehmer, wenn sie jeweils ihre vertraglich geschuldeten Pflichten mangelhaft erfüllt haben, kraft einer Zweckgemeinschaft auch dann Gesamtschuldner sind, wenn der Architekt vom Bauherrn gemäß § 635 BGB auf Schadensersatz in Geld in Anspruch genommen wird.

  3. b) Die Voraussetzungen für die Begründung einer gesamtschuldnerischen Haftung und damit für einen Ausgleichsanspruch der Inhaberin des Stukkateurbetriebs gegen die Beklagte sind vorliegend erfüllt:

    • aa) Das Landgericht hat sich nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme zu Recht davon überzeugt, dass die Beklagte das Auftreten von Rissen im Putz mitverursacht hat.

    • bb) Die Einschränkung gegenüber den Feststellungen des Landgerichts ändert jedoch nichts daran, dass die Auswirkungen der verbliebenen Versäumnisse der Beklagten nur durch die Sanierung des kompletten Putzes beseitigt werden konnten.

    • cc) Schließlich ist auch die Aufteilung der Mangel- und Schadensverantwortlichkeit zwischen den Parteien im Ergebnis nicht zu beanstanden. Der Senat erachtet mit den Sachverständigen den Anteil der Beklagten in Höhe von mindestens 20 % nach wie vor für angemessen.

III. Revision

  1. Die Zulassung der Revision ist weder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung noch wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache geboten.

  2. Die Frage, ob die Voraussetzungen für eine gesamtschuldnerische Haftung kraft Zweckgemeinschaft bzw. wegen Gleichstufigkeit der Verbindlichkeiten vorliegen, ist in erster Linie eine Frage tatrichterlicher Würdigung im Rahmen des zu entscheidenden Einzelfalls.

IV. Kostenentscheidung

  1. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 97 Abs. 1, 96, 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO.

  2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die hier wiedergegebenen Entscheidungen stammen aus öffentlich zugänglichen Quellen. Eine Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit kann nicht übernommen werden.

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