BGH Entscheidung vom 2017-07-21
In der Entscheidung des BGH ging es um die Frage, ob ein Käufer aufgrund eines Altlastenverdachts Schadensersatzansprüche gegen den Verkäufer geltend machen kann, nachdem dieser die frühere Nutzung des Grundstücks arglistig verschwiegen haben soll. Der BGH hob das Urteil des Oberlandesgerichts auf und stellte fest, dass bereits der Altlastenverdacht einen offenbarungspflichtigen Sachmangel darstellt, der nicht durch einen vertraglichen Haftungsausschluss entkräftet werden kann, wenn der Verkäufer arglistig handelt. Die Entscheidung hat rechtliche Bedeutung, da sie die Anforderungen an die Offenbarungspflicht des Verkäufers bei Grundstücksverkäufen präzisiert und klarstellt, dass ein Altlastenverdacht nicht durch zusätzliche Tatsachen untermauert werden muss, um einen Sachmangel zu begründen. Der Fall wurde zur erneuten Verhandlung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Diese Zusammenfassung dient ausschließlich der ersten Orientierung und stellt keine Rechtsberatung dar.
Kernpunkte der Entscheidung
- 1"Der BGH hebt das Urteil des Saarländischen Oberlandesgerichts auf und verweist den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung zurück.
- 2"Der Kläger hatte Schadensersatz wegen eines Altlastenverdachts auf den erworbenen Grundstücken gefordert, was das Berufungsgericht abgewiesen hatte.
- 3"Das Berufungsgericht erkannte nicht, dass ein Altlastenverdacht aufgrund der früheren Nutzung der Grundstücke einen offenbarungspflichtigen Sachmangel darstellt.
Rechtliche Bedeutung
Die Entscheidung des BGH befasst sich mit der rechtlichen Bedeutung von Altlastenverdacht bei Grundstückskäufen und der damit verbundenen Offenbarungspflicht des Verkäufers. Der BGH stellte fest, dass bereits der Verdacht auf Altlasten einen Sachmangel darstellt, der offengelegt werden muss, ohne dass der Käufer zusätzliche Beweise für eine konkrete Kontamination vorlegen muss. Diese Entscheidung ist insbesondere relevant für Fälle, in denen Grundstücke mit einer problematischen Nutzung in der Vergangenheit verkauft werden, da sie die Haftung des Verkäufers für nicht offengelegte Mängel stärkt und die Beweislast im Hinblick auf arglistiges Verschweigen von Mängeln präzisiert. Praktisch bedeutet dies, dass Käufer in solchen Fällen besser geschützt sind und Verkäufer sich ihrer Offenbarungspflichten bewusster sein müssen, um rechtliche Konsequenzen zu vermeiden.
Hinweis: Diese rechtliche Einschätzung dient nur zu Informationszwecken. Sie ersetzt keine professionelle Rechtsberatung. Für konkrete rechtliche Fragen wenden Sie sich bitte an einen qualifizierten Rechtsanwalt. Die Interpretation von Gerichtsentscheidungen kann je nach Einzelfall variieren.
Entscheidungsgründe
Tenor
-
Aufhebung des Urteils
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 29. Oktober 2015 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die auf das arglistige Verschweigen der früheren Nutzung des Grundstücks W. gestützte Klage gegen die Beklagten zu 1 und 3 als Gesamtschuldner hinsichtlich des Zahlungsantrags in Höhe von (weiteren) 884.000 € nebst Zinsen und hinsichtlich des Antrags auf Feststellung der Pflicht zum Ersatz weiterer Schäden abgewiesen wurde. -
Zurückverweisung
Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
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Kaufvertrag
Der Kläger erwarb von der Beklagten zu 1 durch notariellen Kaufvertrag vom 30. September 2003 mehrere mit einem Gewerbepark bebaute Grundstücke in W. Die Haftung der Beklagten zu 1 für Sachmängel wurde ausgeschlossen, mit Ausnahme der Haftung für Vorsatz und Arglist. -
Frühere Nutzung
Der Beklagte zu 3, Bauingenieur und Geschäftsführer der Komplementärin der Beklagten zu 1, hatte die Grundstücke im Jahre 1989 von einem Hoch- und Tiefbauunternehmen erworben. Ihm war bekannt, dass auf den Grundstücken in den 1960er bis 80er Jahren eine Asphaltmischanlage sowie ein Klärschlammrückhaltebecken betrieben worden waren. Die damalige Verkäuferin hatte in dem Vertrag versichert, dass ihr Bodenverunreinigungen nicht bekannt seien. -
Schadensersatzanspruch
Der Kläger verlangt von den Beklagten zu 1 und 3 als Gesamtschuldner Schadensersatz in Höhe der Wertdifferenz zwischen dem Kaufobjekt in mangelfreiem und in mangelbehaftetem Zustand (884.000 €) nebst Zinsen sowie die Feststellung, dass die Beklagten zu 1 und 3 verpflichtet sind, ihm weitere Schäden zu ersetzen. Das Oberlandesgericht hat diese Anträge abgewiesen.
Entscheidungsgründe
I. Berufungsgerichtliche Entscheidung
-
Offene Frage des Altlastenverdachts
Das Berufungsgericht lässt offen, ob hinsichtlich der streitgegenständlichen Grundstücke ein Altlastenverdacht besteht. Dieser fiele jedenfalls unter den vertraglich vereinbarten Haftungsausschluss. -
Haftungsausschluss
Der Berufung der Beklagten auf den Haftungsausschluss stehe § 444 BGB nicht entgegen. Es sei weder eine vertragliche Beschaffenheitsvereinbarung vorgetragen noch habe der Kläger bewiesen, dass die Beklagte zu 1 den Altlastenverdacht arglistig verschwiegen habe. -
Beweislast
Der Kläger habe nicht bewiesen, dass der Beklagte zu 3 von einer konkreten Kontamination der Grundstücke Kenntnis gehabt habe.
II. Rechtliche Nachprüfung
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Anspruch des Klägers
Das Berufungsgericht hat rechtlich nicht korrekt entschieden. Auf Grundlage der Feststellungen kann ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte zu 1 aus § 437 Nr. 3, §§ 280, 281 BGB auf Ersatz sachmangelbedingter Schäden nicht verneint werden. -
Altlastenverdacht als Sachmangel
a) Die frühere Nutzung der Grundstücke begründet objektiv einen Altlastenverdacht und damit einen Sachmangel.
b) Ein altlastenverdächtiges Grundstück weist in der Regel nicht die übliche Beschaffenheit auf (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB). -
Fehlende Beweislast für konkrete Tatsachen
Der Altlastenverdacht muss nicht durch „konkrete und gewichtige Tatsachen“ untermauert werden. Es genügt, dass die frühere Nutzung objektiv einen Altlastenverdacht begründet.
III. Rückverweisung und weitere Feststellungen
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Nicht entscheidungsreif
Der Rechtsstreit ist nicht zur Entscheidung reif, da das Berufungsgericht keine Feststellungen zu der Behauptung des Klägers getroffen hat, dass die frühere Nutzung typischerweise einen Altlastenverdacht begründet. -
Subjektive Tatbestandsmerkmale
Das Berufungsgericht muss neu beurteilen, ob die Voraussetzungen des subjektiven Tatbestands der arglistigen Täuschung vorliegen. -
Schadenshöhe
Der Käufer kann im Rahmen des kleinen Schadensersatzes Ausgleich des mangelbedingten Minderwerts oder Ersatz der Mängelbeseitigungskosten verlangen. Bei nachgewiesener Kontamination ist diese in die Berechnung des Minderwerts einzustellen.
„Die Haftung des Verkäufers für den Sachmangel, der sich aus einer früheren gefahrenträchtigen Nutzung eines Grundstücks ergibt, erfasst auch die Folgen des Verdachts, der sich realisiert.“
Schlussfolgerung
Das Berufungsurteil kann daher bezogen auf die hier interessierenden Anträge keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben und der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
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