LGW - 17 vom 2015-04-24
In der Entscheidung des Landgerichts Wuppertal ging es um die Frage, ob die Beklagte an den Kläger eine Nutzungsentschädigung für eine Immobilie zahlen muss, die sie nach einem Rücktritt vom Kaufvertrag bewohnt hatte. Das Gericht entschied, dass die Beklagte zur Zahlung von 26.862 € nebst Zinsen verpflichtet ist, da sie während der Nutzung der Immobilie Wertersatz leisten muss, auch wenn der Kläger sich im Annahmeverzug befand. Die rechtliche Bedeutung dieser Entscheidung liegt darin, dass sie klarstellt, dass auch im Fall eines Rücktritts vom Kaufvertrag der Anspruch auf Nutzungsentschädigung bestehen bleibt, wenn der Käufer die Immobilie weiterhin nutzt.
Diese Zusammenfassung dient ausschließlich der ersten Orientierung und stellt keine Rechtsberatung dar.
Kernpunkte der Entscheidung
- 1"Die Beklagte wurde verurteilt, an den Kläger 26.862 € nebst Zinsen zu zahlen.
- 2"Die Klage war überwiegend erfolgreich, da der Kläger einen Anspruch auf Wertersatz gemäß § 346 BGB hatte.
- 3"Die Beklagte hatte die Immobilie von 01.06.2011 bis 30.12.2013 bewohnt und daher Nutzungen gezogen.
Rechtliche Bedeutung
Die Entscheidung des Landgerichts Wuppertal bezieht sich auf die Anwendung der §§ 346, 347 BGB, die die Rückabwicklung von Kaufverträgen und den Anspruch auf Wertersatz regeln. Sie ist insbesondere relevant für Fälle, in denen Käufer nach einem Rücktritt vom Kaufvertrag Nutzungen aus der gekauften Immobilie gezogen haben, ohne dass eine vollständige Rückabwicklung erfolgt ist. Praktisch führt das Urteil dazu, dass Käufer, die während der Nutzung der Immobilie einen Rücktritt erklären, dennoch für die gezogenen Nutzungen in Form von Wertersatz haften, was die rechtlichen Risiken bei Immobilienkäufen und -verkäufen erhöht.
Hinweis: Diese rechtliche Einschätzung dient nur zu Informationszwecken. Sie ersetzt keine professionelle Rechtsberatung. Für konkrete rechtliche Fragen wenden Sie sich bitte an einen qualifizierten Rechtsanwalt. Die Interpretation von Gerichtsentscheidungen kann je nach Einzelfall variieren.
Urteil
Tenor
-
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 26.862 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen:
- Auf einen Betrag von 12.400 € seit dem 05.04.2012.
- Auf einen weiteren Betrag in Höhe von 14.462 € seit dem 22.12.2014.
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Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
-
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
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Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags.
1. Tatbestand
Der Kläger verlangt von der Beklagten die Zahlung einer Nutzungsentschädigung.
- Die Beklagte erwarb von dem Kläger Miteigentumsanteile an dem Objekt VStr. in Y, verbunden mit dem Sondereigentum an einem eigenständigen Wohnhaus mit Terrasse und Sondernutzungsrecht an mehreren Garagenplätzen.
- Der Kaufpreis betrug 124.000,00 €, die Übergabe erfolgte am 01.04.2011.
Die Immobilie hatte eine nicht genehmigte und nicht genehmigungsfähige Terrasse.
- Mit Schreiben vom 13.05.2011, zugegangen am 19.05.2011, erklärte die Beklagte den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte den Kläger unter Fristsetzung bis zum 27.05.2011 zur Zustimmung zur Rückabwicklung des Vertrags auf.
- Mit Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 05.09.2013 – Az. 17 O 359/11 – wurde der Kläger zur Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückübereignung des streitgegenständlichen Objektes verurteilt. Es wurde festgestellt, dass sich der Kläger mit der Annahme der Rückübereignung in Verzug befand.
Die Parteien schlossen einen notariellen Vertrag über die Rückabwicklung ab. Die Beklagte wohnte vom 01.06.2011 bis zum 30.12.2013 in der Immobilie. Die Immobilie wurde am 30.12.2013 zurückgegeben.
- Mit Schreiben vom 26.03.2014 forderten die Prozessbevollmächtigten des Klägers die Beklagte zur Zahlung von 12.400 € unter Fristsetzung bis zum 04.04.2014 auf.
2. Anträge
- Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 26.862 € nebst Zinsen zu zahlen.
- Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
3. Argumentation der Beklagten
Die Beklagte ist der Ansicht, der Anspruch sei durch die Entscheidung des Landgerichts Wuppertal im Rechtsstreit 17 O 359/11 präkludiert. Sie behauptet:
- Sie habe die Immobilie renovieren müssen und konnte nicht vor dem 01.06.2011 einziehen.
- In dieser Zeit habe sie weiter in einer Mietwohnung gewohnt und Miete bezahlt.
- Wegen massiver Mängel, insbesondere der nicht genehmigten Terrasse, sei die Immobilie nahezu wertlos für sie gewesen.
- Die ihr entstandenen Kreditkosten seien im Wege der Vorteilsausgleichung zu berücksichtigen.
- Sie beruft sich auf Entreicherung und behauptet, den Kaufpreis fremdfinanziert zu haben.
- Sie erhebt die Zug-um-Zug-Einrede gemäß §§ 348, 322 BGB.
4. Entscheidungsgründe
4.1 Zulässigkeit der Klage
- Die Klage ist zulässig. Ihr steht nicht der Einwand entgegenstehender Rechtskraft entgegen. Der Kläger hat im Rechtsstreit 17 O 359/11 keine Nutzungsentschädigung einredeweise oder widerklagend geltend gemacht.
4.2 Begründetheit der Klage
- Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Wertersatz in Höhe von 26.862 € gemäß §§ 346 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB.
4.2.1 Rückgewährschuldverhältnis
- Zwischen den Parteien besteht ein Rückgewährschuldverhältnis. Die Beklagte ist wirksam gemäß §§ 437 Nr. 2, 434, 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB vom Kaufvertrag zurückgetreten.
4.2.2 Nutzungen
- Die Beklagte hat Nutzungen gezogen, indem sie die Immobilie vom 01.06.2011 bis 30.12.2013 bewohnte. Auch in den Monaten April und Mai 2011 zog sie Nutzungen.
„Nutzungen gemäß § 100 BGB sind unter anderem die Vorteile, welche der Gebrauch der Sache gewährt.“
4.2.3 Anspruch auf Nutzungsersatz
- Der Nutzungsersatzanspruch aus § 346 BGB ist nicht durch den rechtskräftig festgestellten Annahmeverzug des Beklagten ausgeschlossen.
4.2.4 Höhe des Wertersatzes
-
Die Höhe des zu leistenden Wertersatzes richtet sich bei Immobilien nach dem üblichen Mietzins.
-
Der Sachverständige Dipl.-Ing. I kam zu dem Ergebnis, dass ein Mietwert von 814 € für die Immobilie angemessen sei.
4.2.5 Berücksichtigung von Stellplätzen
- Der Sachverständige durfte die Stellplätze bei der Bemessung des üblichen Mietzinses berücksichtigen, auch wenn diese baurechtswidrig sein sollten.
4.3 Einwände der Beklagten
- Entreicherung: Die Beklagte kann sich nicht auf Entreicherung berufen, da dieser Einwand im Rücktrittsrecht nicht anerkannt wird.
- Vorteilsausgleich: Ein Vorteilsausgleich findet nicht statt, da dieser nur bei Schadensersatzansprüchen denkbar ist.
- Zug um Zug: Die Beklagte war nicht Zug um Zug zu verurteilen, da die Voraussetzungen der Einrede gemäß §§ 348, 322 BGB nicht dargelegt wurden.
- Hilfsaufrechnung: Die Hilfsaufrechnung der Beklagten ist unzulässig, da die Gegenforderung nicht hinreichend bestimmt ist.
4.4 Zinsanspruch
- Der Zinsanspruch des Beklagten folgt aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB. Die Beklagte wurde durch Schreiben vom 26.03.2014 wirksam in Verzug gesetzt.
4.5 Kostenentscheidung
- Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 91 Abs. 1 ZPO.
4.6 Streitwert
- Der Streitwert wird auf 26.862 € festgesetzt.
„Die Hilfsaufrechnung war nicht streitwerterhöhend gemäß § 45 Abs. 3 GKG zu berücksichtigen, weil die Aufrechnung bereits aus prozessualen Gründen wegen mangelnder Bestimmtheit unzulässig war.“
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