OLGHAM Entscheidung vom 2011-07-07
In der Entscheidung des OLG Hamm vom 7. Juli 2011 ging es um die Frage, ob die Kläger Schadensersatzansprüche wegen Feuchtigkeitsschäden in einem erworbenen Grundstück geltend machen konnten, obwohl im Kaufvertrag ein Gewährleistungsausschluss vereinbart war. Das Gericht wies die Berufung der Kläger zurück und bestätigte die Entscheidung des Landgerichts, dass die Beklagte sich auf den Gewährleistungsausschluss berufen könne, da die Kläger zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses selbst Kenntnis von den Mängeln hatten. Diese Entscheidung hat rechtliche Bedeutung, da sie klärt, dass bei zeitlichem Auseinanderfallen der Willenserklärungen für Gewährleistungsansprüche der Zeitpunkt der Kenntnis des Käufers entscheidend ist und nicht der Zeitpunkt der Annahme des Angebots durch den Verkäufer. Die Revision wurde zugelassen, da die Frage der Kenntnis bei zeitlich versetzten Willenserklärungen grundsätzliche Bedeutung hat.
Diese Zusammenfassung dient ausschließlich der ersten Orientierung und stellt keine Rechtsberatung dar.
Kernpunkte der Entscheidung
- 1"Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Essen wird zurückgewiesen.
- 2"Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens zu je ½.
- 3"Der Gewährleistungsausschluss im Kaufvertrag steht den Schadensersatzansprüchen der Kläger entgegen.
Rechtliche Bedeutung
Die Entscheidung des OLG Hamm befasst sich mit der Anwendung des Gewährleistungsausschlusses im Rahmen eines notariellen Grundstückskaufvertrags und den Voraussetzungen für Schadensersatzansprüche. Der Rechtsgrundsatz des § 442 BGB, der die Kenntnis von Mängeln bei Vertragsschluss regelt, wurde hier entscheidend interpretiert, insbesondere in Bezug auf den Zeitpunkt der Kenntnis der Kläger und die Möglichkeit eines Widerrufs. Diese Entscheidung ist relevant für Fälle, in denen Käufer beim Immobilienerwerb mit Gewährleistungsausschlüssen konfrontiert sind und sich die Frage stellt, ob und wann Mängel bekannt waren, was erhebliche praktische Auswirkungen auf die Durchsetzbarkeit von Gewährleistungsansprüchen hat.
Hinweis: Diese rechtliche Einschätzung dient nur zu Informationszwecken. Sie ersetzt keine professionelle Rechtsberatung. Für konkrete rechtliche Fragen wenden Sie sich bitte an einen qualifizierten Rechtsanwalt. Die Interpretation von Gerichtsentscheidungen kann je nach Einzelfall variieren.
Tenor
- Die Berufung der Kläger gegen das am 04.01.2011 verkündete Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Essen wird zurückgewiesen.
- Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens zu je ½.
- Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
- Den Klägern bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
- Die Revision wird zugelassen.
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt
Die Kläger begehren mit ihrer Klage Schadensersatz, hilfsweise Minderung im Zusammenhang mit einem notariellen Grundstückskaufvertrag. Betroffen ist das Grundstück Gemarkung IK2, Flur 24, Flurstück 602, eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts Duisburg von IK2, Blatt ####1, in E. Dieses ist mit einem im Jahre 1920 errichteten und unter Denkmalschutz stehenden Einfamilien-Siedlungshaus bebaut.
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Der Kaufvertrag kam zustande durch:
- Notariell beurkundetes Kaufangebot der Kläger vom 24.11.2006.
- Notariell beurkundete Annahmeerklärung der Beklagten vom 27.12.2006.
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Die Beklagte ist eine Tochter der W. Diese bedient sich bei der Vermarktung von Immobilien eines ständigen Vertriebspartners, der X GmbH mit Sitz in E. Für diese war im Zusammenhang mit der Veräußerung der Immobilie an die Kläger der Zeuge H tätig.
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Die Kläger beabsichtigten den Erwerb der Immobilie zum Zwecke der Weitervermarktung.
II. Besichtigungen und Mängel
- Im Oktober 2006 kam es zu einer ersten Besichtigung des Objekts durch die Klägerin zu 1) im Beisein des Zeugen H sowie dem damaligen Mieter, dem Zeugen S2.
- Eine weitere Besichtigung der Kläger erfolgte am 02.11.2006 mit zwei Mitarbeitern der Volksbank S3, den Zeugen I und G2. Bei beiden Besichtigungsterminen war das Objekt noch bewohnt, wobei die Kellerwände des Objekts nicht vollständig einsehbar waren.
III. Kaufvertragsdetails
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Mit notarieller Urkunde des Notars Dr. C in E vom 24.11.2006 erklärten die Kläger das Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrages über die Immobilie zu einem Kaufpreis von 123.950,00 €.
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In der notariellen Urkunde heißt es:
"An dieses Angebot halten sich die Käufer für die Dauer von vier Wochen gebunden. Wird das Angebot vom Verkäufer nicht innerhalb der Frist in notariell beurkundeter Form angenommen, kann es der Käufer widerrufen."
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Der Notar hat den Käufer darauf hingewiesen, dass er beim Vorhandensein oder Auftreten von Sachmängeln gegen den Verkäufer keinerlei Ansprüche geltend machen kann.
IV. Mängelanzeige und Reaktion der Beklagten
- Am 30.11.2006 fand eine weitere Besichtigung des mittlerweile geräumten Kaufobjekts statt, bei der der Zeuge N Feuchtigkeitsschäden und Schimmelpilzbefall in den Kellerräumen feststellte.
- Die Kläger informierten die Vertriebspartnerin der Beklagten über die Schäden und wiesen darauf hin, dass die Schadenbeseitigung Kosten in Höhe von ca. 30.000,00 € verursachen würde.
V. Klage und Abweisung
- Die Kläger haben mit ihrer Klage Zahlung von 35.000,00 € nebst Zinsen und außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten begehrt.
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, da den Klägern weder ein Anspruch auf Schadensersatz noch das Recht zur Minderung des Kaufpreises zusteht.
VI. Berufung der Kläger
- Die Kläger rügen die Verletzung materiellen Rechts durch das Landgericht und machen geltend, dass die Beklagte zum Zeitpunkt der Annahmeerklärung von den Mängeln Kenntnis hatte.
- Sie beantragen:
- Unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an sie 35.000,00 € nebst Zinsen zu zahlen.
- Außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von insgesamt 1.604,12 € nebst Zinsen zu zahlen.
VII. Entscheidung des Senats
- Die Berufung der Kläger hat in der Sache keinen Erfolg.
- Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, da den Klägern Gewährleistungsansprüche aufgrund des in § 6 Nr. 1 des Kaufvertrages bedungenen Gewährleistungsausschlusses entgegenstehen.
- Die Beklagte kann sich auf den Gewährleistungsausschluss berufen, da die Kläger zum Zeitpunkt der eigenen Kenntniserlangung am 30.11.2006 einen Widerruf noch hätten vornehmen können.
VIII. Prozessuale Nebenentscheidungen
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
IX. Zulassung der Revision
Die Revision wird zugelassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert. Die im Kern des Streits der Parteien stehende Frage, auf welchen Zeitpunkt der Kenntnis bei zeitlichem Auseinanderfallen der auf den Vertragsschluss gerichteten Willenserklärungen für die Anwendung von § 442 Abs. 1 Satz 1 BGB abzustellen ist, ist höchstrichterlich bislang nicht entschieden.
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