LGBO - 22 vom 2006-08-17
In der Entscheidung des Landgerichts B vom 17. August 2006 ging es um die Rückabwicklung eines Grundstückskaufvertrags über eine Eigentumswohnung, den die Kläger aufgrund arglistiger Täuschung und Falschberatung durch den für die Beklagte tätigen Anlageberater anfochten. Das Gericht entschied, dass die Beklagte zur Zahlung von 53.648,33 Euro nebst Zinsen verpflichtet ist, da ein Beratungsvertrag zwischen den Parteien zustande gekommen war und die Beklagte ihre Aufklärungspflichten verletzt hatte. Die rechtliche Bedeutung dieser Entscheidung liegt in der Bestätigung, dass auch Vermittler von Immobilien für die Richtigkeit ihrer Beratung haften und dass eine Falschberatung zu Schadensersatzansprüchen führen kann.
Diese Zusammenfassung dient ausschließlich der ersten Orientierung und stellt keine Rechtsberatung dar.
Kernpunkte der Entscheidung
- 1"Die Beklagte wurde verurteilt, an die Kläger 53.648,33 € nebst Zinsen zu zahlen, Zug um Zug gegen Abgabe einer notariellen Erklärung zur Übertragung des Wohnungseigentums.
- 2"Es wurde festgestellt, dass die Beklagte auch für weiteren Vermögensschaden verantwortlich ist, der mit dem Erwerb der Wohnung und deren Unterhaltskosten zusammenhängt.
- 3"Die Klage wurde in Teilen abgewiesen, insbesondere hinsichtlich eines Teils des Kaufpreises, der als nicht geschuldet angesehen wurde.
Rechtliche Bedeutung
Die Entscheidung des Landgerichts (LGBO) befasst sich mit der rechtlichen Verantwortung von Immobilienvermittlern im Rahmen von Beratungsverträgen. Es wurde festgestellt, dass zwischen den Klägern und der Beklagten ein konkludenter Beratungsvertrag zustande gekommen ist, der die Beklagte verpflichtet, die Kläger über alle relevanten Aspekte des Immobilienkaufs korrekt und vollständig zu informieren. Diese Entscheidung ist insbesondere relevant für Fälle, in denen Käufer von Immobilien aufgrund unzureichender Beratung oder arglistiger Täuschung Ansprüche auf Schadensersatz geltend machen möchten, und hat zur Folge, dass Immobilienvermittler für die Fehler ihrer Erfüllungsgehilfen haften.
Hinweis: Diese rechtliche Einschätzung dient nur zu Informationszwecken. Sie ersetzt keine professionelle Rechtsberatung. Für konkrete rechtliche Fragen wenden Sie sich bitte an einen qualifizierten Rechtsanwalt. Die Interpretation von Gerichtsentscheidungen kann je nach Einzelfall variieren.
Entscheidungsgründe
Tenor
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Verurteilung der Beklagten
- Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger zu Händen eines von den Klägern zu beauftragenden Notars 53.648,33 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.05.2005 zu zahlen.
- Dies erfolgt Zug um Zug gegen Abgabe folgender notarieller Erklärung der Kläger vor dem beauftragten Notar:
„Wir sind eingetragene Eigentümer eines 33,92/10.000stel Miteigentumsanteils an dem Grundstück G, Flur 1, Flurstück 5/49, 5/56, 5/70, 5/71, 2/5, 5/54, 5/67, 2/4 und 5/55, verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung im H-Straße, im 4. Obergeschoß hinten rechts, Nr. 173 des Aufteilungsplanes, eingetragen im Wohnungsgrundbuch von Borßum, Band 82, Blatt 2525.
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Feststellung der Schadensersatzpflicht
- Es wird festgestellt, dass die Beklagte den Klägern auch zum Ausgleich des weiteren Vermögensschadens verpflichtet ist, soweit die im Klageantrag zu 1. näher bezeichnete Wohnung betroffen ist und der Schaden mit dem Erwerb dieser Wohnung, ihren laufenden Unterhaltskosten und einer eventuell zu zahlenden Vorfälligkeitsentschädigung zusammenhängt.
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Abweisung der weitergehenden Klage
- Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
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Kostenverteilung
- Der Kläger zu 1.) trägt die Kosten, die durch die Anrufung des unzuständigen Landgerichts B entstanden sind; die übrigen Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
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Vorläufige Vollstreckbarkeit
- Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Tatbestand
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Klagegegenstand
- Mit der vorliegenden Klage nehmen die Kläger die Beklagte auf Rückabwicklung des Grundstückskaufvertrages über eine Eigentumswohnung in F, H-Straße, und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch.
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Tätigkeit der Beklagten
- Die Beklagte beschäftigt sich gewerbsmäßig mit dem Verkauf von Eigentumswohnungen als Kapitalanlage. Sie kauft Altwohnbestände auf und verkauft diese nach Durchführung von Renovierungsmaßnahmen und Aufteilung in Wohnungseigentum.
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Verkäuferin der Eigentumswohnung
- Verkäuferin der streitgegenständlichen Eigentumswohnung war nicht die Beklagte selbst, sondern Frau Q, die die Wohnung im Jahr 1993 von der Beklagten erworben hatte.
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Erstkontakt mit den Klägern
- Im Januar 1999 erhielten die Kläger einen Anruf des für die Beklagte tätigen Anlagenberaters L1, der sie über die Möglichkeit der Steuerersparnis durch den Erwerb einer Eigentumswohnung informierte.
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Unterzeichnung von Verträgen
- Am 28.01.1999 unterzeichneten die Kläger zwei Bausparanträge und einen Darlehensantrag. Am 02.02.1999 unterzeichneten sie den notariellen Kaufvertrag über die Eigentumswohnung.
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Finanzierungsdetails
- Die von der Beklagten vermittelte Finanzierung sah vor, dass die Kläger Eigenkapital einbrachten und den Restkaufpreis durch ein Vorausdarlehen finanzierten.
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Verwaltung des Objektes
- Die Verwaltung des Objektes erfolgt durch die H2 GmbH, einer Tochtergesellschaft der Beklagten.
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Probleme mit dem Mietpool
- Der Mietpool wies bereits im Jahr 1995 eine Unterdeckung auf, die in den Folgejahren anstieg.
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Angebot der Beklagten
- Nachdem sich herausgestellt hatte, dass die monatliche Mietausschüttung geringer ausfiel als versprochen, bot die Beklagte den Klägern eine Ausgleichszahlung an.
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Vorwurf der Täuschung
- Die Kläger behaupten, dem Kauf lägen arglistige Täuschung und Falschberatung durch den Anlageberater der Beklagten zugrunde.
Entscheidungsgründe
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Begründetheit der Klage
- Die zulässige Klage ist im Wesentlichen begründet. Die Kläger haben gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 53.648,33 € Zug um Zug gegen Abgabe der im Tenor näher bezeichneten Erklärung.
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Rechtsgrundlage
- Der Anspruch ergibt sich aus dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung eines zwischen den Klägern und der Beklagten geschlossenen selbständigen Beratungsvertrags.
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Haftung der Beklagten
- Die Beklagte haftet im Rahmen dieses Beratungsvertrages auch für das Verschulden ihrer Anlageberater.
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Zustandekommen des Beratungsvertrags
- Zwischen den Parteien ist ein selbständiger Beratungsvertrag hinsichtlich des Erwerbs der Eigentumswohnung konkludent zustande gekommen.
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Verletzung der Aufklärungspflichten
- Die Beklagte hat ihre Pflichten aus diesem selbständigen Beratungsvertrag verletzt, indem sie die Kläger nicht ausreichend über die absehbaren Belastungen informierte.
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Falschberatung
- Die vom Anlageberater L1 zugrunde gelegten Mieteinnahmen waren überhöht, was zu einer Falschberatung führte.
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Schadensersatzansprüche
- Die Kläger können gemäß § 249 BGB Schadensersatz im Wege der Naturalrestitution verlangen.
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Zug um Zug-Leistung
- Die Kläger können die Rückabwicklung des Vertrages verlangen und sind nicht darauf beschränkt, die Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen lastenfreie Rückübertragung der Eigentumswohnung zu verlangen.
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Abweisung der Klageanträge
- Die Klageanträge, die über den Betrag von 53.648,33 € hinausgehen, wurden abgewiesen.
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Feststellung des weiteren Vermögensschadens
- Der Feststellungsantrag der Kläger ist gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässig und begründet.
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Annahmeverzug
- Der Klageantrag zu 3. wurde zurückgewiesen, da die Voraussetzungen des Annahmeverzuges nicht dargelegt wurden.
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Zinsanspruch
- Der Zinsanspruch der Kläger rechtfertigt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.
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Nebenentscheidungen
- Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 281 Abs. 3 Satz 2, 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.
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