LGBN Entscheidung vom 2012-04-18
In der Entscheidung des Landgerichts Bonn ging es um die Rückabwicklung eines Bauträgervertrags, bei dem die Kläger aufgrund einer DDT-Kontamination des erworbenen Wohnobjekts Schadensersatz forderten. Das Gericht entschied, dass die Beklagte die Kläger arglistig über den Mangel getäuscht hatte, was zur Anfechtung des Kaufvertrags und zur Rückzahlung von 570.847,71 € nebst Zinsen führte. Diese Entscheidung hat rechtliche Bedeutung, da sie die Aufklärungspflicht des Verkäufers bei gesundheitsschädlichen Altlasten betont und die Möglichkeit von Schadensersatzansprüchen bei arglistigem Verhalten stärkt.
Diese Zusammenfassung dient ausschließlich der ersten Orientierung und stellt keine Rechtsberatung dar.
Kernpunkte der Entscheidung
- 1"Die Beklagte wurde verurteilt, an die Kläger 570.847,71 € zu zahlen, nebst Zinsen auf verschiedene Beträge seit 2008.
- 2"Es wurde festgestellt, dass die Beklagte sich im Annahmeverzug bezüglich der Erteilung der Löschungsbewilligung befindet.
- 3"Die Beklagte ist verpflichtet, den Klägern jeden weiteren, noch nicht bezifferbaren Schaden im Zusammenhang mit dem Erwerb des Wohnungseigentums zu ersetzen.
Rechtliche Bedeutung
Die Entscheidung des LGBN befasst sich mit der Rückabwicklung eines Bauträgervertrages aufgrund arglistiger Täuschung durch den Verkäufer, der eine DDT-Kontamination des Objekts verschwiegen hat. Hierbei wurden die Rechtsgrundsätze der arglistigen Täuschung (§ 123 BGB) sowie der Aufklärungspflicht des Verkäufers über Sachmängel angewendet, was zu einem Rückzahlungsanspruch der Kläger führte. Diese Entscheidung ist insbesondere relevant für Fälle, in denen Käufer von Immobilien nicht über gesundheitsschädliche Altlasten informiert werden, und hat praktische Auswirkungen auf die Haftung von Verkäufern und die Anforderungen an die Offenlegung von Mängeln in Immobilienverkäufen.
Hinweis: Diese rechtliche Einschätzung dient nur zu Informationszwecken. Sie ersetzt keine professionelle Rechtsberatung. Für konkrete rechtliche Fragen wenden Sie sich bitte an einen qualifizierten Rechtsanwalt. Die Interpretation von Gerichtsentscheidungen kann je nach Einzelfall variieren.
Urteil des Landgerichts Bonn
Tenor
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Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 570.847,71 € zu zahlen, nebst Jahreszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf:
- 128.415,00 € seit dem 05.04.2008
- 119.854,00 € seit dem 08.01.2009
- 29.963,50 € seit dem 28.01.2009
- 50.937,95 € seit dem 04.06.2009
- 35.956,20 € seit dem 30.07.2009
- 47.941,60 € seit dem 27.09.2009
- 12.481,75 € seit dem 27.01.2010
- 165.369,53 € seit dem 03.06.2011
Zug um Zug gegen Erteilung der Löschungsbewilligung betreffend die in Abt. II lfd. Nr. 5 des Grundbuches von Q des Amtsgerichts Q, Blatt #####, zugunsten der Eheleute Dr. N und Dr. UN eingetragenen Auflassungsvormerkung sowie Zug um Zug gegen Abtretung der Grunderwerbssteuererstattungsansprüche der Kläger gegen den Fiskus aus der Rückabwicklung der Veräußerung des o.g. Wohnungsrechts.
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Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte hinsichtlich des vorstehenden Angebots zur Erteilung der Löschungsbewilligung in Annahmeverzug befindet.
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Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägern jeden weiteren im Zusammenhang mit dem Erwerb des Wohnungseigentums entstandenen und noch entstehenden, zurzeit noch nicht bezifferbaren Schaden zu ersetzen.
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Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger außergerichtlich entstandene Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 8.634,40 € nebst Jahreszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2011 zu zahlen.
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Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
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Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger 8% und die Beklagte 92%; exklusive der durch die Anrufung des unzuständigen Landgerichts Q entstandenen Mehrkosten, welche von den Klägern zu tragen sind.
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Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Rückabwicklung eines geschlossenen Bauträgervertrages und den Ersatz der hierdurch entstandenen Schäden.
Hintergrund
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Erwerb des Grundstücks:
- Die Beklagte erwarb im Mai 2007 ein bebautes Teilgrundstück in der „Speicherstadt Q“, auf dem sich das streitgegenständliche Gebäude (sog. „Schinkelspeicher“) befindet.
- Der Notarvertrag wies auf Gutachten hin, die eine erhebliche DDT-Kontaminierung des Gebäudes auswiesen.
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Gesundheitsrisiken von DDT:
- DDT (Dichlordiphenyltrichlorethan) ist ein gesundheitsschädliches Pestizid, dessen Verwendung seit 1972 in der BRD verboten ist.
- Die Verordnung EG Nr. 1727/2008 gibt spezifische Gefahren- und Sicherheitshinweise für DDT.
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Messungen zur DDT-Belastung:
- Im Jahr 2007 wurden Messungen zur DDT-Belastung in den Gebäuden der Speicherstadt Q durchgeführt.
- Die Werte im „Schinkelspeicher“ lagen bei Konzentrationen bis zu 600 mg/m³.
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Sanierungsmaßnahmen:
- Die Beklagte entschied sich, die Holzbodendielen zu entfernen und das tragende Balkenholz zu versiegeln.
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Vertragliche Vereinbarungen:
- Im Mai 2007 wurde ein notarielles Angebot für einen Kauf- und Bauträgervertrag erstellt, das keine Hinweise auf die DDT-Kontaminierung enthielt.
- Der Vertrag enthielt einen Gewährleistungsausschluss und eine Einschränkung des Rücktrittsrechts im Gewährleistungsfall.
Erwerb durch die Kläger
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Kaufvertrag:
- Die Kläger unterzeichneten am 15.08.2007 ein Angebot für eine Wohneinheit zu einem Kaufpreis von 425.950,00 €.
- Der Wohnungskauf wurde von den Klägern darlehensfinanziert.
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Übergabe:
- Am 02.10.2009 erfolgte die Übergabe des Sondereigentums an die Kläger.
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Erstmalige Information über DDT:
- Im Januar 2012 erfuhren die Kläger von einer möglichen DDT-Belastung durch einen Dritten.
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Anfechtung des Kaufvertrags:
- Die Kläger erklärten die Anfechtung des Kaufvertrags aufgrund arglistiger Täuschung und forderten die Beklagte zur Rückabwicklung auf.
Entscheidungsgründe
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Begründetheit der Klage:
- Die Klage ist in dem erkannten Umfang begründet. Die Beklagte hat den Klägern einen Mangel des erworbenen Objekts arglistig verschwiegen.
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Sachmangel:
- Die DDT-Belastung stellt einen Sachmangel dar, der den Klägern vor Vertragsschluss hätte offenbart werden müssen.
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Aufklärungspflicht:
- Die Beklagte hatte eine Aufklärungspflicht über die DDT-Kontaminierung, die sie verletzt hat.
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Arglistige Täuschung:
- Das Verschweigen des Mangels war arglistig, da die Beklagte Kenntnis von der DDT-Belastung hatte.
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Anfechtungsrecht:
- Das Anfechtungsrecht der Kläger ist nicht nach § 144 BGB ausgeschlossen, da keine Bestätigung des anfechtbaren Geschäfts vorliegt.
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Schadensersatzanspruch:
- Den Klägern steht ein Anspruch auf Schadensersatz wegen vorvertraglicher Pflichtverletzung zu.
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Erstattungsfähige Aufwendungen:
- Zu den erstattungsfähigen Aufwendungen gehören die Rückzahlung der Kaufpreisraten und die Erstattung nutzloser Aufwendungen.
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Mitverschulden:
- Ein Mitverschulden der Kläger wird nicht angenommen, da sie nicht fahrlässig handelten.
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Feststellung weiterer Schadensersatzpflichten:
- Die Kläger haben ein berechtigtes Interesse an der Feststellung einer weitergehenden Schadensersatzpflicht.
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Rechtsanwaltskosten:
- Der Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten folgt aus Schadensersatzgesichtspunkten.
Schlussfolgerung
Die Beklagte wird verurteilt, den Klägern den geforderten Betrag zu zahlen, da sie arglistig einen Mangel verschwiegen hat, der für den Vertragsschluss von wesentlicher Bedeutung war. Die Kläger haben Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags und Schadensersatz aufgrund der DDT-Kontaminierung des erworbenen Objekts.
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